Gießen. Richter, Staatsanwälte, Anwälte sowie ein Insolvenzverwalter: Eine Delegation des Deutsch-Polnischen Juristen Vereins Walbrzych-Marburg besuchte während einer fünftägigen Studienreise durch Mittelhessen auch Gießen. Auf dem Programm stand neben Mathematikum auch die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen (EAEH) sowie das externe Verhandlungsgebäude des Landgerichts, das sich auf dem EAEH-Gelände befindet. „Der menschliche wie fachliche Austausch über die deutsch-polnischen Grenze hinweg ist mit Blick in die Ukraine wichtiger denn je“, betont Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich bei seiner Begrüßung. Als früherer Präsident des Marburger Landgerichts zählte er vor 15 Jahren selbst zu den Gründungsmitgliedern des Vereins.
„Ich freue mich sehr über Ihren Besuch und den fachlichen Austausch“, sagt Sabine Schmidt-Nentwig, Präsidentin des Gießener Landgerichts, in die große Runde, wo sonst Verhandlungen stattfinden. Seit der Coronazeit gibt es neben dem eigentlichen Gerichtsgebäude an der Ostanlage auch im Außenbezirk der Stadt einen weiteren Saal auf dem Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen. An die Halle in Leichtbauweise erinnert in dem weitläufigen Saal mit seinen abgehängten Decken, grauem Teppichboden und dem Podium für das Richterkollegium allerdings nichts mehr. Während einer Mittagpause bietet die Landgerichtspräsidentin ihren interessierten Gästen auch Führungen und zeigt Wissenswertes bis hin zu den Haftzellen.
Über 60 Mitglieder
Zuvor hatte die Reisegruppe die Erstaufnahmeeinrichtung besucht. „Für uns ist wichtig zu sehen, wie in Deutschland das Thema der Flüchtlinge organisiert“, sagt Maciej Ejsmont, Vereinsvorsitzender und Richter am Bezirksgericht Swidnica in Westpolen. Polen hat mit Abstand die meisten Geflüchteten aus der Ukraine aufgenommen. EAEH-Abteilungsleiter Manfred Becker führt die Gäste zusammen mit Kolleginnen und Kollegen vom Regierungspräsidium Gießen in zwei Gruppen über das 24 Fußballfelder große Areal. Im normalen Betrieb werden die Abläufe erläutert, von der Ankunft bis zur Unterbringung und medizinischen Versorgung. „Wir bedanken uns für die Wertschätzung gegenüber unserer völkerfreundschaftlichen Idee, die wir in unserem Verein leben“, betont Dr. Mirko Schulte, zweiter Vereinsvorsitzender und Vizepräsident des Landgerichts Hanau.
Der Deutsch-Polnische Juristen Verein Walbrzych-Marburg e. V. hat inzwischen über 60 Mitglieder und verfolgt mit der mittelhessischen Rundreise das Ziel, neben dem fachlichen Austausch mit besonderem Blick auf europäisches Recht das gegenseitige Kennenlernen und Festigen langjährig gewachsener Freundschaften zu fördern. Dadurch werden Kenntnisse über das jeweilige Recht, die Sprache, Geschichte und Kultur vermittelt und ebenso im Sinne der Völkerfreundschaft für das gegenseitige Verständnis füreinander und für Toleranz geworben.