Eine Hand hält einen Paragraphen in die Sonne.

Gewerberecht

Die selbstständige Ausübung eines Gewerbes ist als Ausfluss der im Grundgesetz verankerten Gewerbefreiheit grundsätzlich jedermann gestattet. Zur Aufnahme eines Gewerbes ist es ausreichend, rechtzeitig vor dem Beginn des Gewerbes eine Gewerbeanmeldung auf dem Gewerbeamt derjenigen Stadt oder Gemeinde vorzunehmen, in deren Bereich das künftige Gewerbe ausgeübt werden soll. Es ergeben sich jedoch bezüglich bestimmter Gewerbearten insbesondere zum Schutz der Kunden Ausnahmen, über die der Gewerbetreibende bei dem Gewerbeamt nähere Informationen erhalten kann. So besteht u.a. für folgende Gewerbe eine Erlaubnispflicht:
der Betrieb von Spielhallen und die Aufstellung von Gewinnspielgeräten, die Ausübung des Pfandleih-, des Bewachungs- und des Versteigerergewerbes. Zuständig für die Erlaubniserteilung sind in diesen Fällen die Städte und Gemeinden.

Ebenfalls erlaubnispflichtig ist die Ausübung des Makler-, Bauträger- und Baubetreuergewerbes. Zuständig für die Erlaubniserteilung sind hier allerdings die Kreisausschüsse der Landkreise sowie die Magistrate der kreisfreien Städte.

Bei der Ausübung eines Reisegewerbes oder der Durchführung von Messen, Ausstellungen und Märkten handelt es sich um besondere Formen der Gewerbeausübung, die ebenfalls erlaubnispflichtig sind. Für die Entscheidung über entsprechende Anträge sind hier wiederum die Städte und Gemeinden zuständig.

Die örtliche Zuständigkeit richtet sich in allen Fällen danach, wo das Gewerbe ausgeübt werden soll.

Das Regierungspräsidium Gießen führt in den genannten Bereichen in den mittelhessischen Landkreisen Gießen, Marburg-Biedenkopf, Limburg-Weilburg, dem Vogelsbergkreis und dem Lahn-Dill-Kreis die Fachaufsicht und kümmert sich um die Klärung allgemeiner Rechtsfragen.

Themen

Das Regierungspräsidium Gießen ist für die Durchführung der Gewerbeuntersagung nach §35 Gewerbeordnung – für den Regierungsbezirk Gießen - zuständig.

Die Ausübung eines Gewerbes kann ganz oder teilweise untersagt werden, wenn der Gewerbetreibende unzuverlässig ist, wenn der Schutz der Allgemeinheit und der im Betrieb Beschäftigten dies erfordert.

Das Regierungspräsidium prüft die gewerberechtliche Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden. Gewerbetreibende können natürliche, wie auch juristische Personen sowie deren Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person/en (z.B. Geschäftsführer, Gesellschafter) sein.

Das Verfahren wird in den meisten Fällen von „öffentlichen Gläubigern“ (Finanzamt, Sozialversicherungsträger u. a.) angeregt, gelegentlich jedoch auch von privater Seite.

Ein Gewerbeuntersagungsverfahren darf nur für ein existierendes Gewerbe eingeleitet werden. Aus diesem Grund wird zuerst geprüft, ob tatsächlich ein Gewerbe ausgeübt wird. Hat der Gewerbetreibende seine gewerbliche Tätigkeit bereits vor der Verfahrenseinleitung eingestellt und abgemeldet, darf ein Gewerbeuntersagungsverfahren nicht durchgeführt werden.

Ein Gewerbeuntersagungsverfahren darf auch nicht durchgeführt werden, wenn gegen den Gewerbetreibenden ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Bereits anhängige Gewerbeuntersagungsverfahren ruhen für die Dauer eines eröffneten Insolvenzverfahrens bis zum Abschluss. Dies kann unter Umständen mehrere Jahre dauern.

Eine Gewerbeuntersagung ist ein Dauerverwaltungsakt, d.h. unbefristet und zudem bundesweit gültig.

Gewerbeuntersagungen werden in der Regel wegen Steuerrückständen und/oder Sozialversicherungsrückständen ausgesprochen. Aber auch Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, welche im Zusammenhang mit der gewerblichen Tätigkeit stehen, können zur Gewerbeuntersagung führen.

Bei einer Gewerbeuntersagung handelt es sich um einen Eingriff in die Gewerbefreiheit sowie in das Grundrecht der Berufsfreiheit. Daher sind für eine sachgerechte Entscheidung umfangreiche Ermittlungen erforderlich, diese müssen so umfangreich sein, dass eine Zuverlässigkeitsprognose gestellt werden kann.

Über jede getroffene Entscheidung (Aussetzung – bei positiver Entwicklung; Einstellung – bei Tilgung der Rückstände; etc.) werden die am Verfahren beteiligten öffentlichen Stellen schriftlich informiert.

Wurde eine Gewerbeuntersagung ausgesprochen, kann dem Gewerbetreibenden auf Antrag die gewerbliche Tätigkeit gem. § 35 Abs. 6 GewO wieder gestattet werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Zuverlässigkeit festgestellt wird.

Die persönliche Ausübung des Gewerbes ist nach der Gewerbeordnung wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Unzuverlässigkeit zur Ausübung eines Gewerbes nicht mehr vorliegt. Mit der Wiedergestattung wird der Untersagungsbescheid aufgehoben. Voraussetzung ist, dass die für die Untersagung maßgeblichen Tatbestände inzwischen entfallen sind.
Dies ist z. B. der Fall, wenn Zahlungsrückstände bei öffentlichen Gläubigern, die zur Untersagung geführt haben, nachträglich abgebaut wurden.

Wer erneut gewerblich tätig sein möchte, hat die Gewähr dafür zu bieten, dass er ein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben wird. Das setzt voraus, dass er inzwischen in geordneten Vermögensverhältnissen lebt, sich gewerberechtlich nichts mehr zu Schulden hat kommen lassen und in der Lage ist, nunmehr allen öffentlich-rechtlichen Erklärungs-und Zahlungsverpflichtungen pünktlich und vollständig nachzukommen.

Der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder auf Erteilung der Restschuldbefreiung ist jedoch noch kein Indiz für eine wirtschaftliche Besserung der Situation. Das Gericht entscheidet über die Restschuldbefreiung erst nach der sechsjährigen Wohlverhaltenszeit; erst danach ist geklärt, ob es zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit kommt.

Auch nach einer wegen strafrechtlicher Verurteilung ausgesprochenen Gewerbeuntersagung kann unter Umständen eine Wiedergestattung erteilt werden, wenn z. B. die Verurteilung längere Zeit zurückliegt und keine erneute strafrechtliche Verfolgung vorliegt.

Eine Wiedergestattung kann grundsätzlich nicht vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung gestattet werden. Das bedeutet, dass der Gewerbetreibende ein Jahr lang das untersagte Gewerbe nicht persönlich ausgeübt haben soll.

Das Verfahren der Wiedergestattung kann nur auf schriftlichen Antrag des ehemaligen Gewerbetreibenden eingeleitet werden. Der Antrag kann formlos gestellt werden und ist an das Regierungspräsidium Gießen zu richten, wenn eine erneute Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit im Regierungsbezirk Gießen (Landkreis Gießen, Lahn-Dill Kreis, Landkreis Limburg-Weilburg, Vogelsbergkreis, Landkreis Marburg-Biedenkopf) beabsichtigt ist. Es ist dabei unerheblich welche Behörde die Gewerbeuntersagung ausgesprochen hat.

Der Wiedergestattungsantrag kann auch online gestellt werden. Hierfür ist der folgende Link zu verwenden:
Antrag auf Wiedergestattung nach vorheriger GewerbeuntersagungÖffnet sich in einem neuen Fenster
Bitte beachten Sie die im Downloadbereich angehängten Datenschutzhinweise.

Die Erteilung der Wiedergestattung ist gebührenpflichtig. Die Gebühr errechnet sich nach dem tatsächlichen Zeitaufwand und dem wirtschaftlichen Vorteil für den Antragsteller. Die Gebühr liegt zwischen 87,00 € und 1.200,00 €. Bei Ablehnung der Wiedergestattung wird eine Gebühr in Höhe von 75 % der errechneten Gebühr erhoben.

Der Betrieb einer privat geführten Klinik (Privatkrankenanstalt, Privatentbindungsanstalt im Sinne des § 30 Gewerbeordnung) ist erlaubnispflichtig. Das Regierungspräsidium Gießen entscheidet über Anträge für gewerblich geführte Kliniken, die im Regierungsbezirk Gießen betrieben werden sollen.

Überprüft wird in dem Antragsverfahren u.a., ob in der Klinik eine ausreichende medizinische und pflegerische Versorgung durch entsprechendes Personal sichergestellt ist, ob die räumlichen Voraussetzungen für einen Klinikbetrieb vorhanden sind und ob der Betreiber / die Betreiberin gewerberechtlich zuverlässig ist. Dies bedeutet, dass keine Erkenntnisse vorliegen dürfen, die befürchten lassen, dass die Klinik nicht ordnungsgemäß betrieben werden könnte.

Auskunft über das Antrags- und Genehmigungsverfahren gemäß § 30 Gewerbeordnung gibt der zum Download zur Verfügung stehende „Leitfaden für die Konzessionierung von Privatkrankenanstalten/Privatentbindungsanstalten“. Dieser enthält auch eine Aufstellung über die im Konzessionsverfahren benötigten Unterlagen. Der Antrag selbst kann formlos gestellt werden. Das ebenfalls im Download bereitgestellte Muster eines solchen Antrags kann als Richtschnur verwendet werden.

Ansprechpartnerin
Frau Doris Herrmann
Tel.: 0641 303 2311
Doris.Herrmann@rpgi.hessen.de