In der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen spielt die medizinische Versorgung eine wichtige Rolle. Das zuständige Dezernat 76 beim Regierungspräsidium Gießen sorgt dafür, dass alle neu ankommenden Geflüchteten medizinisch untersucht und bei Bedarf behandelt werden.
Medizinische Erstuntersuchung
Direkt nach Ankunft erfolgt die gemäß § 36 Abs. 4 Infektionsschutzgesetz (IfSG) und § 62 Asylgesetz (AsylG) vorgesehene medizinische Erstuntersuchung. Ziel der Erstuntersuchung ist vor allem die Feststellung der Fähigkeit zur Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft gemäß Infektionsschutzgesetz (sog. Gemeinschaftsfähigkeit). Damit wird sichergestellt, dass sowohl die Gesundheit der übrigen Geflüchteten, der Mitarbeitenden der Erstaufnahmeeinrichtung als auch der Bevölkerung geschützt ist. Die Erstuntersuchung besteht aus:
- einer körperlichen Untersuchung und Befragung zum Gesundheitszustand (Anamnese),
- einer Pflichtimpfung gegen Masern gemäß § 20 Abs. 8 Satz 2 IfSG sowie einem Impfangebot gemäß Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO), z.B. gegen Tetanus, Diphtherie oder Röteln, etc.,
- einer Untersuchung zum Ausschluss von Tuberkulose. Dies erfolgt je nach Alter und Situation durch ein Röntgen-Thorax, einen Tuberkulin-Hauttest oder einen IGRA-Bluttest.
Die Erstuntersuchung wird stets durch einen Dolmetscher begleitet.
Als Ergebnis der medizinischen Erstuntersuchung wird eine Bescheinigung der Gemeinschaftsfähigkeit erstellt, die im weiteren Verlauf der Unterbringung als Gesundheitszeugnis auch den kommunal zuständigen Behörden zur Verfügung gestellt wird.
Ambulante Versorgung und Notfälle
In den Ambulanzen an den verschiedenen Standorten der Erstaufnahmeeinrichtung wird die medizinische Versorgung der Bewohner sichergestellt. Die medizinische Versorgung erfolgt insoweit gemäß §§ 4 und 6 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) und beinhaltet hauptsächlich folgende Leistungen:
- die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände,
- die erforderlichen ärztlichen und zahnärztlichen Behandlungen,
- die Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln,
- die zur sonstigen Genesung, zur Besserung und zur Linderung von Krankheiten und Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen,
- Schwangere und Wöchnerinnen erhalten ärztliche und pflegerische Hilfe mit Arznei-, Verband- und Heilmittel.
Bei Bedarf stehen im Bereich der Ambulanz auch räumliche Bereiche zur abgesonderten Unterbringung von Bewohnerinnen und Bewohnern zur Verfügung, etwa wenn bei der Erstuntersuchung ansteckenden Erkrankungen festgestellt werden.
Hygiene und Infektionsschutz
Einen weiteren wichtigen Bestandteil innerhalb des Medizindezernates der Erstaufnahmeeinrichtung stellt der Bereich Hygiene und Infektionsschutz dar. Die dortigen Beschäftigten erstellen Hygienepläne, überwachen die Einhaltung der hygienischen und infektionsschutzrechtlichen Standards in der gesamten Erstaufnahmeeinrichtung und koordinieren die Versorgung mit Medikamenten, Impfstoffen und medizinischen Produkten. Zudem gehören der Kontakt und Informationsaustausch mit den Gesundheitsämtern zum Aufgabenbereich.
Im Falle eines endemischen oder pandemischen Ausbruchsgeschehens greifen spezielle Schutz- und Ablaufpläne. Dazu gehören erweiterte Hygienemaßnahmen, regelmäßige Testungen, die Einrichtung von Quarantäne- und Isolationsbereichen, spezielle Schulungen des Personals sowie eine enge Zusammenarbeit mit Gesundheitsbehörden. Ziel ist es, Ausbrüche schnell zu erkennen und eine Weiterverbreitung zu verhindern – zum Schutz aller Bewohnerinnen und Bewohnern, den Mitarbeitenden und der Bevölkerung.