Die Luftaufnahme zeigt das Gebiet nach den Arbeiten. Neben der Flutmulde sind auch die Veränderungen direkt an der Lahn gut erkennbar.

Regierungspräsidium Gießen

Das ganze Jahr über ein Paradies für Brut- und Zugvögel

In der Lahnaue bei Atzbach wurde eine Flutmulde angelegt – Struktur am Lahnufer ebenfalls verbessert – Weg wird noch instandgesetzt

Gießen/Lahnau. Ob der Eisvogel schon mal geschaut hat, wo er im Frühjahr brüten kann? Beim Ortstermin im EU-Vogelschutzgebiet „Lahnaue zwischen Atzbach und Gießen“ flatterte doch tatsächlich eines der scheuen Tiere in der Nähe von Kerstin Roth, Jan-Hendrik Wegmann und Sabrina Keuser vom Regierungspräsidium Gießen vorbei. Den dreien gefiel schon mal sehr gut, was in den vergangenen Monaten hier entstanden ist. Und auch den auffälligen Tieren mit dem leuchtend blauen Rücken dürfte es jetzt noch besser in der Lahnaue bei Atzbach gefallen. Hier wurde nicht nur eine Flutmulde angelegt, sondern auch die Struktur am Lahnufer verbessert. Unter anderem wurden schräge und steile Uferböschungen – und damit ideale Brutplätze für Eisvögel oder Uferschwalben – geschaffen.

Vor allem Rast- und Zugvögel, insbesondere Watvögel wie Bekassinen und Regenpfeiferarten, Silberreiher, zahlreiche Enten- und Gänsearten und eben die Eisvögel, sind es, die von den Maßnahmen in der Lahnaue profitieren sollen. Aber auch Amphibien, beispielsweise Kammmolch und Kreuzkröte, kommen nicht zu kurz. Für das Projekt haben sich das Dezernat Oberirdische Gewässer/Hochwasserschutz und das Naturschutzdezernat, das sich unter anderem um Schutzgebiete kümmert, zusammengetan. Umgesetzt wurde das Ganze mit Fördergeldern der Europäischen Union im Rahmen des LIFE-Projekts „Living Lahn – ein Fluss, viele Interessen“.

Im Zuge der Arbeiten wurde eine bereits vorhandene Geländemulde vertieft und erweitert. „Rund 4.000 Kubikmeter Erde wurden abgetragen“, erzählte Jan-Hendrik Wegmann vom Dezernat Oberirdische Gewässer/Hochwasserschutz. Über die teilweise Verwertung des hochwertigen Oberbodens aus der Aue freuten sich Landwirte aus Lahnau, die ihn auf ihren Äckern verteilten. Gespeist wird die Flutmulde, wenn der Wasserstand der Lahn entsprechend hoch ist. Das Wasser bleibt dann auch in den Phasen, in denen es wieder abtrocknet, länger stehen und schafft somit weitere wichtige Habitate, sodass die Lahnaue unter anderem ein noch besseres Rastgebiet für Vögel wird. Die Flutmulde trägt außerdem dazu bei, Hochwasserereignisse zu dämpfen, indem sie bis zu 4.000 Kubikmeter Wasser aufnehmen kann. Und noch einen Vorteil gibt es jetzt, nachdem die Arbeiten an Flutmulde und Lahn abgeschlossen sind: Die Fläche wird künftig nicht mehr gemäht, sondern beweidet. „Das bedeutet, dass der Große Wiesenknopf besser wachsen und sich verbreiten kann. Er ist die Futterpflanze des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings, einer streng geschützten Schmetterlingsart, welche bereits in der Nähe gefunden wurde“, erklärte Kerstin Roth.

Zwei kleine Inseln und eine beruhigte Zone

Neben der Mulde, direkt an der Lahn, hat sich auch viel getan. An fünf Stellen wurden Steine der Uferbefestigung abgetragen. So entstanden Einkerbungen, wo das Wasser langsamer fließt, und zwei kleine Inseln. An der einen Seite der Inseln fließt das Wasser schneller vorbei, an der anderen wegen der kleinen Biegung deutlich langsamer. „Durch die Verringerung der Fließgeschwindigkeit kann sich hinter den Inseln Geschiebe ablagern, was langfristig eine Verringerung der Fließtiefe begünstigen kann“, sagte Sabrina Keuser vom Dezernat Oberirdische Gewässer/Hochwasserschutz. „Das ist zum Beispiel für Fische gut, die laichen wollen. Auch Libellen können sich hier gut fortpflanzen“, ergänzte Kerstin Roth aus dem Naturschutzdezernat. Durch die Abtragungen entstand außerdem eine beruhigte Zone, wo beispielsweise Teichhühner brüten können. Diese Initialmaßnahmen direkt an der Lahn tragen zur langfristigen Verbesserung des ökologischen Zustands dieses Lahnabschnitts bei. Sie erfüllen sowohl die Anforderungen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie als auch des Europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000.

Rund um die Flutmulde wurde bereits eingesät, den Rest übernimmt nach und nach Mutter Natur. „Das Schilf wird sich weiter ausbreiten und andere Pflanzen auch“, zeigte sich Kerstin Roth überzeugt. Damit das geschehen kann und vor allem die Tiere ihre Ruhe haben, appelliert sie, die Flächen nicht zu betreten, auf den Wegen zu bleiben und die Tiere aus der Ferne zu beobachten. Apropos Weg: Der Weg, der zur Flutmulde führt, wird noch instandgesetzt. Er wurde durch die schweren Baufahrzeuge teilweise beschädigt. Das kann allerdings erst im Frühjahr geschehen, wenn es wieder wärmer ist. 

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Oliver Keßler

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