Das Regierungspräsidium (RP) Gießen hat den Kreishaushalt des Landkreises Marburg-Biedenkopf für das Haushaltsjahr 2023 genehmigt. Sowohl der Ergebnis- als auch der Finanzhaushalt sind zwar jahresbezogen nicht ausgeglichen. Der Landkreis verfügt allerdings über eine ausreichend hohe Rücklage und über liquide Mittel zur Kompensation. Deshalb besteht, wie auch in den vergangenen Jahren, keine Notwendigkeit ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen.
Wegen eines umfangreichen Investitionsprogrammes für die Jahre 2021 bis 2026 steigt die Nettoneuverschuldung des Landkreises im Jahr 2023 um 14,5 Millionen Euro, vornehmlich, um damit Schulen zu sanieren. Auch hier bewegt sich der Landkreis in dem mit der Finanzaufsicht abgestimmten Rahmen. Trotz einer Erhöhung des Stellenplans und damit einhergehenden Steigerungen der Personalkosten besteht im Rahmen der Haushaltsgenehmigung keine Notwendigkeit für personalwirtschaftliche Auflagen. Der Landkreis hat aus Sicht des RP Gießen den Stellenbedarf nachvollziehbar dargestellt.
Die Hebesätze der Kreis- und Schulumlage bleiben unverändert. Auf eine zusätzliche Belastung der kreisangehörigen Kommunen wird damit trotz nicht ausgeglichenem Finanzhaushalt verzichtet.
Der Haushalt des Landkreises erfüllt insgesamt die aufsichtsrechtlichen Vorgaben für das Genehmigungsverfahren des Haushalts für das laufende Jahr.
Spende aufsichtsrechtlich nicht akzeptabel
Die außerhalb des Haushalts 2023 durch den Kreistag im Februar beschlossene Spende zugunsten der Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien kann hingegen aufsichtsbehördlich nicht akzeptiert werden. Der Kreistag hatte am 10. Februar den Kreisausschuss beauftragt, „aus den Verbesserungen des Jahresabschlusses 2022 eine außerplanmäßige Spende von 20.000 € zur Verfügung zu stellen“. Die Spende soll nach Ablauf der vorläufigen Haushaltsführung einer in Marburg ansässigen Hilfsorganisation zukommen.
Der Landkreis bewegt sich mit dieser freiwilligen Leistung nach Überzeugung des RP Gießen außerhalb seiner sogenannten Verbandskompetenz und würde die Finanzmittel demzufolge unrechtmäßig auszahlen. Die Verbandskompetenz beschränkt das Handeln der Landkreise nämlich auf die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. So ist es in der Hessischen Landkreisordnung (HKO) festgelegt. Diese Angelegenheiten sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf die sie einen spezifischen Bezug haben, die also das Zusammenleben und Wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen.
„Das Regierungspräsidium Gießen hat volles Verständnis für das Anliegen der Kreistagsmitglieder und das Bedürfnis, den Opfern der Erbebenkatastrophe in der Türkei und in Syrien zu helfen und die Not der Betroffenen durch ihren Beitrag lindern zu wollen“, betont Regierungsvizepräsident Martin Rößler. Hier sei jedoch keine moralische Bewertung gefordert, sondern eine rein aufsichtsrechtliche. „Es fehlt schlicht die Legitimation, hierfür die Finanzmittel einzusetzen, die dem Landkreis zur Aufgabenerfüllung zur Verfügung stehen.“ Hierzu zählt er etwa Straßen- und Schulbau oder soziale Ausgaben. Das Regierungspräsidium empfiehlt daher, rechtskonforme Wege für das Anliegen der Kreistagsmitglieder zu wählen, beispielsweise durch eine private Spendensammlung.