Gießen. „Die Verbraucherinnen und Verbraucher können sich darauf verlassen, dass nur das drin ist, was in die echte nordhessische Ahle Wurscht gehört“, versprach Gießens Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich. In den Räumen des Regierungspräsidiums Kassel wurden die ersten Prüfbescheinigungen zur Vermarktung der „Nordhessischen Ahlen Wurscht g.g.A.“ an acht Metzgereien aus Nordhessen übergeben. Das Regierungspräsidium Gießen ist hessenweit zuständig für die Erteilung und Kontrolle der europäischen Schutzsiegel. „g.g.A.“ steht dabei für „geschützte geografische Angabe“.
Es ist kein alltäglicher Termin, wenn der Gießener Behördenleiter die Begrüßung in der Kasseler Schwesterbehörde übernimmt. Aber auch, wenn es sich bei der Nordhessischen Ahlen Wurscht um ein echtes kulinarisches Kulturgut handelt, ist das Regierungspräsidium Gießen hessenweit zuständig. So wie bei den anderen durch die Europäische Union geschützten Produkten wie der Frankfurter Grünen Soße, dem Odenwälder Frühstückskäse oder dem Hessischen Handkäs. „Seit Juni gehört auch die Nordhessische Ahle Wurscht dazu – quasi der Parmaschinken Hessens“, wie Dr. Ullrich anlässlich der feierlichen Übergabe der Prüfbescheinigungen erklärte.
„Mehr als ein Lebensmittel“
Es war ein langer Weg von der ersten Initiative der beiden Fördervereine für die Ahle Wurscht bis zur endgültigen Verleihung des Schutzsiegels durch die EU, wie Kassels Regierungspräsident Mark Weinmeister in seiner Ansprache betonte. Zu Beginn dieses Prozesses war er noch hessischer Umweltstaatssekretär. Auch in seiner Tätigkeit als Europastaatssekretär hat er das Verfahren eng begleitet, wie er berichtete. So sei er gemeinsam mit den Vertretern der Fördervereine nach Brüssel gefahren und habe eben diese traditionelle Ahle Wurscht dorthin zur Verköstigung mitgebracht.
„Die Ahle Wurscht ist mehr als ein Lebensmittel. Sie ist ein Kulturgut, das eine ganze Region jenseits politischer Grenzziehungen miteinander verbindet“, so Mark Weinmeister. „Deswegen bin ich den Gießener Kolleginnen und Kollegen sehr dankbar, dass wir die Übergabe der ersten Prüfbescheinigungen hier in Kassel, quasi im Herzen der nordhessischen Region, durchführen können und ich auch noch den Abschluss dieses Verfahrens direkt miterleben darf.“
Voraussetzungen von EU festgelegt
In den vergangenen Wochen haben zehn Metzgereien, von denen acht an der Veranstaltung in Kassel teilnahmen, erfolgreich die notwendigen Kontrollen zum Verwenden des begehrten Schutzsiegels erfüllt. Denn dieses dürfen nur Betriebe führen, die die von der EU festgelegten Voraussetzungen erfüllen. So muss die Nordhessische Ahle Wurscht g.g.A. von der Schlachtung bis zur Reifung in der Region Nordhessen hergestellt werden. Das Gebiet umfasst die Landkreise Werra-Meißner, Schwalm-Eder, Waldeck-Frankenberg, Hersfeld-Rotenburg, Kassel und die Stadt Kassel sowie den Landkreis Marburg-Biedenkopf, der schon zu Mittelhessen gehört. Die Wurst wird ausschließlich aus älteren und schweren Schweinen mit einem Schlachtgewicht von mindestens 100 Kilogramm gemacht. Die Transportzeit vom Erzeuger zur Schlachtstätte darf nur maximal zwei Stunden betragen und die Herstellung des Wurstbräts erfolgt schlachtwarm. Diese Herstellung muss nach zwölf Stunden abgeschlossen sein.
Es handelt sich bei der Nordhessischen Ahlen Wurscht um eine der ursprünglichsten Würste, wie Metzger Fritz Kästel vom Verein zur Förderung und Erhaltung traditioneller nordhessischer Wurst erklärte. Denn es sei schon eine hohe Kunst, ein Schwein zu schlachten, das Fleisch sofort zu verarbeiten und daraus eine haltbare Wurst herzustellen. Dass sie diese Kunst beherrschen, haben nun die folgenden Betriebe erfolgreich bescheinigt bekommen: Fleischerei Kohl-Kramer aus Borken-Trockenerfurth, Wurst Wiegand aus Wabern-Halre, Beck Fleischwaren aus Waldkappel-Bischhausen, Landmetzgerei Völker aus Willingshausen-Zella, Landmetzgerei Luckhardt aus Neukirchen-Siegertshausen, Fleischerei-Feinkost Köhler aus Hofgeismar, die Wagner GbR aus Rotenburg-Seifertshausen, die Landfleischerei Koch aus Calden, die Landfleischerei Neumeier aus Hessisch-Lichtenau und die Fleischerei Bechtel aus Willingshausen-Zella.