Gießen/Darmstadt. Wie leben Geflüchtete in Deutschland? Wie sind sie untergebracht? Diese und andere Fragen beschäftigen und bewegen viele Menschen hierzulande. „Uns in Hessen ist eine menschwürdige Unterbringung wichtig. Das bedeutet, den Menschen mehr zu bieten als ein Bett und ein Dach über dem Kopf“, sagt der Gießener Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich mit Blick auf die Verpflegung, soziale Angebote und eine medizinische Grundversorgung. Das gilt für alle Standorte der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen (EAEH) – so auch für die Kelley-Barracks in Darmstadt. Seit Juni leben hier wieder geflüchtete Menschen. Um über den aktuellen Stand in Sachen Belegung, Angebote für Kinder und Erwachsene und mehr zu berichten, hatte der Gießener RP nicht nur Vertreterinnen und Vertreter von Medien eingeladen. Daneben nutzten Darmstädter Kommunalpolitiker mit Bürgermeisterin Barbara Akdeniz an der Spitze und die Darmstädter Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid die Chance, sich zu informieren.
Aktuell leben rund 450 Menschen in der ehemaligen Kaserne an der Eschollbrücker Straße in Darmstadt, unter ihnen rund 100 Kinder und Jugendliche. „Wir machen hier anständige Arbeit. Das können wir auch gerne zeigen“, betonte Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich zu Beginn des Rundgangs. Seine Darmstädter Amtskollegin Brigitte Lindscheid erinnerte an die wechselvolle Geschichte der Kelley-Barracks, die 1936 von der Wehrmacht erbaut und später viele Jahre von der US Army genutzt wurden. 2015 zogen hier erstmals Flüchtlinge ein. „Ich bin froh, dass wir in Hessen eine klare Regelung haben. Das Regierungspräsidium Gießen kümmert sich um die Erstaufnahme und wir als RP Darmstadt kümmern uns um die Verteilung der Geflüchteten an die Landkreise und kreisfreien Städte“, sagte Brigitte Lindscheid.
Bürgermeisterin Barbara Akdeniz unterstützte grundsätzlich, dass der Standort Kelley-Barracks reaktiviert wurde. Dennoch ist es ihr wichtig, dass die Menschen möglichst bald den Kommunen zugewiesen werden, um die Integration zu erleichtern. Darmstadt leiste hier seinen Beitrag – über die vorgegebene Quote hinaus. „Darmstadt ist eine weltoffene Stadt und hat den Anspruch und die Verpflichtung, möglichst vielen Menschen eine Perspektive auf ein Leben in Ruhe, Frieden und Demokratie zu geben“, betonte sie.
Ruhig und friedlich ging es an diesem Septembervormittag auch in den Kelley-Barracks zu. Erwachsene und Kinder genossen die Sonnenstrahlen, die Kleinsten wurden gerade aus dem Kindergarten abgeholt. Der ist nur eines von mehreren Angeboten, die Mädchen und Jungen, Frauen und Männer nutzen können. Es gibt unter anderem einen Kinder- und einen Jugendtreff, Sportangebote wie Fußball, Yoga oder Volleyball, Sprachkurse und psychosoziale Betreuung, erläuterte Sozialarbeiterin Orsolya Láposi vom Regierungspräsidium Gießen. Besonders die Sprachkurse sind bei den Bewohnerinnen und Bewohnern gefragt. Die meisten von ihnen kommen aus Afghanistan und Syrien, aber auch aus vielen anderen Ländern. „Trotzdem gibt es wenig Konflikte“, freute sich der kommissarische Standortleiter Robert Schlappner. Dazu trägt sicher auch bei, dass der Standort mit seinen vier Gebäuden und einer großen dreigeteilten winterfesten Halle in Leichtbauweise mit Küche, Speisesaal und Kindergarten weitläufig ist. Aktuell können jedoch nur drei der Gebäude genutzt werden. Bei dem vierten macht ein fehlender Kanalanschluss die Belegung noch unmöglich. Ist das Problem gelöst, können am Standort Kelley-Barracks bis zu 750 Menschen leben.
Hintergrund:
Im Sommer 2015 wurden auf Grund der hohen Zugangszahlen in Hessen landesweit an einer Vielzahl von Standorten Kapazitäten zur Erstunterbringung von Flüchtlingen geschaffen, so auch in den Kelley-Barracks.
Dort wurden zunächst kommunal zugewiesene Flüchtlinge untergebracht. Im Dezember 2015 wurde das Gelände dem Land Hessen kurzfristig zur Erstunterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung gestellt. Die Belegung mit Flüchtlingen der EAEH erfolgte erstmals am 20. Dezember 2015. Im März 2016 verließen die letzten Bewohnerinnen und Bewohner der EAEH den Standort und alle Gebäude wurden an die Stadt Darmstadt zur Belegung mit ausschließlich dorthin zugewiesenen und somit kommunal unterzubringenden Personen zurückgegeben.
Im November 2021 beschloss das Kabinett, dass die Gebäude 4163, 4164, 4165 und 4166 des Standortes zur Flüchtlingsunterbringung durch die EAEH reaktiviert werden sollen. Im Juni 2022 zogen die ersten Bewohnerinnen und Bewohner ein.
Insgesamt verfügt die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen (EAEH) aktuell über Standorte in mehreren Kommunen und die Außenstelle in Frankfurt für das Flughafenverfahren. Dazu kommt derzeit eine Notunterkunft in Alsfeld. Alles in allem leben in den Einrichtungen rund 7.500 Menschen.
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