Die Fotomontage zeigt die geplanten Maßnahmen im Bereich Schenkenwäldchen mit dem alten Lahnverlauf, der zeitweise Wasser führen wird.

Regierungspräsidium Gießen

Einen Fluss in frühere Bereiche lenken

Infoveranstaltung zum Projekt „Schenkenwäldchen“ in Fronhausen – Hochwasserschutz ein großes Thema

Gießen/Fronhausen. Seit vielen Jahren laufen in den Gemeinden Fronhausen und Weimar die Planungen für das Projekt „Schenkenwäldchen“. Im Zuge dessen soll unter anderem die alte Lahnschlinge im Bereich der Gemeinde Fronhausen, die Anfang des 20. Jahrhunderts vom Hauptlauf des Flusses abgetrennt wurde, zumindest in Teilen wieder an die Lahn angeschlossen werden. Inzwischen geht es bei dem Großprojekt aber längst nicht mehr nur um das Thema Renaturierung, sondern vor allem um den Hochwasserschutz. Denn klar ist: Hier muss etwas getan werden, damit Fronhausen auch zukünftig vor Hochwasser geschützt wird. Für die Umsetzung des Vorhabens werden Flächen benötigt. Das wurde bei einer Infoveranstaltung für die Eigentümer und Bewirtschafter innerhalb der Projektkulisse „Schenkenwäldchen“ deutlich, zu der die Hessische Landgesellschaft (HLG) und die Gemeinde Fronhausen eingeladen hatten. Mit dabei waren auch Vertreter des Regierungspräsidiums Gießen. Die Behörde begleitet das Projekt seit vielen Jahren.

Die Projektträger, die Gemeinden Fronhausen und Weimar, planen eine umfangreiche Renaturierung der Lahn und einen teilweisen Anschluss alter Lahnschlingen. Ebenso soll durch einen neuen Deichverlauf sichergestellt werden, dass die Gemeinde Fronhausen ihrer Verpflichtung in Sachen Hochwasserschutz nachkommt. Dr.-Ing. Alexander Rötz vom Planungsbüro Weber-Ingenieure aus Homberg (Efze) stellte das Vorhaben sowie die aktuellsten Erkenntnisse zum Thema Hochwasserschutz vor. Dabei skizzierte er, wie die Lahn in dem Projektbereich auf einer Länge von rund 1,6 Kilometern durch umfangreiche Umgestaltungsmaßnahmen neu strukturiert werden soll. Alte, historische Lahnverläufe sollen in Teilen wieder hergestellt und für die Neuentwicklung angegraben werden. Die geplanten Maßnahmen betreffen eine Fläche von circa 100.000 Quadratmetern. Die vorgestellte Planung ist das Ergebnis der Diskussionen im Projektbeirat, den es seit 2015 gibt. Ihm gehören Vertreterinnen und Vertreter der beteiligten Behörden, Ortskundige, Ortslandwirte, Naturschutzverbände und anderer Organisationen an, die intensiv über das Projekt diskutieren und nach einvernehmlichen Lösungen suchen.

Deich reicht nicht aus

Florian Vielhauer vom Dezernat Oberirdische Gewässer und Hochwasserschutz des Regierungspräsidiums Gießen machte anschließend deutlich, dass der derzeitige Deich nicht ausreicht, um zukünftige Hochwasserereignisse von der Ortslage Fronhausen fernzuhalten. Zum einen ist er zu niedrig, zum anderen in Teilen in keinem guten Zustand. Daher soll er verlegt werden – und zwar im Zuge des Projekts. „Durch die Integration des Hochwasserschutzes in das angedachte Renaturierungskonzept können mehrere wichtige Aufgaben miteinander verzahnt werden“, betonte Florian Vielhauer. Zum einen die Verpflichtung zur Wiederherstellung natürlicher Auen und Gewässer, also die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Sie dient der Wiederherstellung und dem Erhalt von Lebensräumen und Arten. Zum anderen die Schaffung einer intakten Hochwasserschutzlinie für die Ortslage Fronhausen sowie von bis zu 350.000 Kubikmetern Retentionsraumzugewinn zum Schutz unterhalb gelegener Ortslagen an der Lahn vor zukünftigen Hochwasserereignissen.

Die Kommune ist nicht verpflichtet, den Deich an zukünftige Hochwasserereignisse anzupassen, jedoch bietet sich hier eine finanziell attraktive Möglichkeit. Da die Umsetzung dieser Ziele auch im Interesse des Landes Hessen steht, haben die Gemeinden Fronhausen und Weimar bereits 2014 einen Vertrag mit dem Regierungspräsidium Gießen geschlossen, der die geschätzten Gesamtkosten in Höhe von 3,2 Millionen Euro abdeckt. Möglich ist dies durch eine Synergie-Finanzierung. Maßnahmen, die einerseits der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie dienen, aber zugleich in der Natura 2000 Schutzgebietskulisse liegen, können über das Land Hessen zu 100 Prozent finanziert werden. „Die Planungen ,Schenkenwäldchen‘ liegen in einer naturschutzfachlich sehr hochwertigen Lage innerhalb eines Vogelschutz-, FFH- und Naturschutzgebietes und erfüllen so umfangreich die Voraussetzungen der Finanzierung“, erläuterte Sebastian Weller vom Regierungspräsidium Gießen. Er ist zuständig für Schutzgebietsmanagement und Synergie-Finanzierung und warb dafür, die Chance zu nutzen, denn: „Deichrückverlegungen werden normalerweise mit 65 bis 85 Prozent, ein Neubau sogar nur mit 20 bis 40 Prozent gefördert.“

Flächenmanagement wird fortgesetzt

Aufgrund der inzwischen weit fortgeschrittenen Planung ist als Nächstes die Fortsetzung des Flächenmanagements gefragt. Michaela Gießler von der Hessischen Landgesellschaft (HLG) informierte daher im Anschluss die betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer über die Themen Grundstückskauf, Grundstückstausch und eventuelle Flurbereinigungsverfahren. Die HLG ist seit gut einem Jahr mit im Boot und unterstützt die Kommunen dabei, die für die angestrebten Maßnahmen benötigten Flächen im günstigsten Fall zu erwerben oder zu tauschen.

In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass es auch viele emotionale und wirtschaftliche Belange zu berücksichtigen gilt. Die Projektbeteiligten stellten dar, welche Kompromisse bereits eingegangen wurden, um möglichst alle Interessen der auf verschiedene Weise betroffenen Akteure zu wahren. Einer davon ist beispielsweise, dass nicht mehr der gesamte Altarm der Lahn wieder angeschlossen werden soll, sondern nur Teile davon.

Wie geht es jetzt weiter? Parallel zum Flächenmanagement soll das Projekt in den nächsten Monaten auf die Zielgerade gebracht, sprich die Genehmigungsplanung vorgelegt werden. In Verbindung mit der Fertigstellung der Genehmigungsplanung sind für den Herbst zudem Bohrungen zur Baugrunderkundung geplant. „Der Zeitplan ist ambitioniert, aber notwendig, um nicht zu riskieren, dass die derzeit bereitgestellten Gelder irgendwann nicht mehr zu Verfügung stehen oder sich die rechtlichen Vorgaben in Sachen Hochwasserschutz ändern. Letzteres würde die derzeitige Planung in Teilen in Frage stellen“, betonten die Projektbeteiligten. Daher appellieren die Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinden Fronhausen und Weimar, des Regierungspräsidiums und der HLG eindringlich an die Eigentümer, die Flächen im Sinne des Allgemeinwohls zur Verfügung zu stellen und das Gesamtprojekt zu unterstützen.

Bei Fragen können sich die Eigentümer an die Hessische Landgesellschaft wenden (infrastruktur@hlg.org).

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Oliver Keßler

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