Die Musikpädagoginnen Anita Schauder (l.) und Dora Elmauer bieten einmal in der Woche den Kurs „Elementare Musikpädagogik interkulturell“ in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes an ihrem Standort in Gießen an.

Regierungspräsidium Gießen

Singen öffnet Menschen, ob groß oder klein

Förderung von Sprachentwicklung und Inklusion: Musikschule Buseck bietet in der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen Kurse für Vorschulkinder an

Gießen. Inklusion und Freude am Musizieren: Das ist das Ziel des Musikkurses „Elementare Musikpädagogik interkulturell“. Den bietet die staatlich anerkannte und gemeinnützige Musikschule Buseck seit September immer donnerstags im Kindergarten der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes an ihrem Standort in Gießen an. Qualifizierte Musikpädagoginnen und -pädagogen singen mit den Kleinen deutsche und internationale Kinderlieder, erzählen musikalisch und pantomimisch Geschichten und bieten Bewegungsspiele zur Musik an. Kinder im Alter zwischen drei und sieben Jahren nehmen das kostenlose und freiwillige Angebot gleich im Dutzend wahr, wie ein Besuch zeigt.

Singen fördert die Sprachentwicklung und das Sozialverhalten der Kinder

„Guten Morgen, wir machen Musik. Wir sind die Musikleute.“ An diesem Morgen begrüßen die beiden positiv gestimmten Musikpädagoginnen Anita Schauder und Dora Elmauer eine Gruppe von zwölf Kindern. Zurückhaltend und still kommen die Kinder, begleitet von Kindergärtnern in den Kindergartenraum, in dem der Kurs stattfindet und setzen sich zusammen mit den Pädagoginnen in einem Kreis auf den Boden. Das ändert sich schnell, denn Singen öffnet Menschen, ob groß oder klein. Es fördert unter anderem die Sprachentwicklung und das Sozialverhalten der Kinder und damit auch deren Integration. Die Kinder können durch aktives Mitmachen beim Musizieren mögliche Traumata verarbeiten, die unter anderem durch das Verlassen des Heimatlandes ausgelöst wurden.

Als Eröffnungsritual singt Anita Schauder ein Kennenlernlied, in dem jeder und jede einzeln mit Namen begrüßt wird und ein Namensschild aus Krepppapier bekommt: „Du bist da. Das ist wunderbar.“ Sie unterstreicht ihren Gesang mit Gebärden. Die Kinder, die aus vielen verschiedenen Ländern kommen und noch kein Deutsch sprechen, fangen vereinzelt an mitzusingen. Danach teilt Dora Elmauer Rasseln aus. Das gemeinsame Musizieren vermittelt Rhythmus, Sprache und ein Gefühl von Gemeinschaft.

Wie in einer anderen Welt

Als nächstes kommen die Trommelstöcke an die Reihe. Spätestens jetzt sind die Kinder nicht mehr zurückhaltend und schüchtern. Begeistert klopfen sie mit ihren Händen im Takt auf ihre Trommeln. Alle machen mit und die Kleinen scheinen wie in einer anderen Welt zu sein. Ein solcher Musikkurs fördert bei den Kindern wichtige Fähigkeiten: die eigene Körperwahrnehmung, persönliches Selbstvertrauen, Kreativität, Konzentrationsfähigkeit, musikalische und soziale Kompetenzen sowie Sprachentwicklung. Was aber noch viel wichtiger ist: sie können ihre Flucht, den Alltag und ihre Sorgen kurz vergessen und einfach nur Kinder sein.

Die Musikschule wählt die Themen und Lieder des Kurses nach der aktuellen Jahreszeit aus. Passend zum Herbst holt Anita Schauder geheimnisvoll eine Schachtel hervor, aus der jedes Kind eine Walnuss erhält, die mit ins musikalische Spiel integriert wird. Die beiden Musikpädagoginnen erklären die Herbstfarben und lassen zusammen mit den Kindern symbolisch den Wind wehen: mit Stöcken, an denen buntes Papier befestigt ist. Danach gibt es mit dem Ausmalen von Drachen einen Moment der Ruhe in dem, so Dora Elmauer, „jedes Kind die Möglichkeit hat, das Erlebte auf seine Art und Weise zu verarbeiten“. Nach einem Abschiedslied mit der Gitarre ist die Stunde auch schon vorbei und die Kinder „fahren“ mit dem gespielten Eisenbahnzug zurück in ihren Betreuungsraum.

Gefördert wird das Projekt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung „Kultur macht stark“ und läuft voraussichtlich bis 31. Juli 2025.

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Oliver Keßler

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