Dr. Christoph Ullrich und Martin Rößler überreichen Ruth Böhr ihre Urkunde zum Abschied

Regierungspräsidium Gießen

„Wer glaubt, die Arbeit im RP wäre langweilig: Sie ist so bunt wie mein Oberteil heute.“

Abteilungsdirektorin Ruth Böhr geht in Pension – Feierstunde mit Wegbegleitern, Familie und Behördenleitung

Gießen/Fulda. „Ich würde es immer wieder machen.“ Damit meint Ruth Böhr einerseits ihre Aufgabe während der Flüchtlingswelle im Jahr 2015, andererseits ihre gesamte Zeit beim Regierungspräsidium (RP) Gießen. Sie war als Ärztin diejenige, die die medizinische Organisation übertragen bekam. Bis zu 1.341 Menschen erreichten damals täglich die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen. Die galt es nicht nur zu erfassen. Auch der medizinische Status musste ermittelt und die ambulante Versorgung sichergestellt werden, wie gesetzlich vorgeschrieben. Dass dies gelang, ist maßgeblich ihr Verdienst. Über ein Jahr lang war Ruth Böhr dafür im Einsatz, „vierundzwanzig sieben“, wie sie selbst sagt, ohne Urlaub und nur mit zwei freien Tagen für die Hochzeit ihrer Tochter. Nun geht die Fuldaerin nach nahezu 40 Jahren als Abteilungsdirektorin im öffentlichen Dienst in Pension. Während einer Feierstunde blickte sie mit Wegbegleitern, ihrer Familie sowie Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich und Regierungsvizepräsident Martin Rößler zurück und auch ein wenig nach vorne.

Insgesamt haben wir in den 16 Monaten über 100.000 Flüchtlinge erstuntersucht und geimpft sowie die tägliche ambulante Versorgung sichergestellt.

Ruth Böhr Abteilungsdirektorin

„Das war die größte Herausforderung meiner beruflichen Laufbahn“, sagt sie rückblickend. „Neben meinem medizinisch-fachlichen Wissen war vor allem Krisenmanagement gefragt“, sagt Ruth Böhr rückblickend. Täglich etwa 800 Geflüchtete wurden untersucht, geröntgt und geimpft. Und täglich trafen neue Flüchtlinge ein, die an den 110 Standorten in ganz Hessen untergebracht wurden. „Insgesamt haben wir in den 16 Monaten über 100.000 Flüchtlinge erstuntersucht und geimpft sowie die tägliche ambulante Versorgung sichergestellt.“ Dafür stellte sie ein „Fly in Docs“ genanntes Team aus 1.000 Ärztinnen und Ärzten und weiteren 2.000 Beschäftigten zusammen, das rund um die Uhr koordiniert wurde. Ein Mammutprojekt, das zeigte, wie dynamisch Verwaltung auch reagieren können muss. Die von Ruth Böhr ins Leben gerufene sogenannte medizinische Untersuchungs- und Versorgungspassage wurde schließlich in die Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen integriert und besteht noch heute. „Was mich aber heute noch besonders stolz macht: Mein Team hat es geschafft, an einem Wochenende 5.000 Menschen zu untersuchen.“

Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich lässt in seiner Rede den Werdegang vorüberziehen, von der Arbeit nach dem Medizinstudium in einer Landarztpraxis, danach als ärztliche Gutachterin und ab 1987 als Leitende Ärztin im Hessischen Amt für Versorgung und Soziales Fulda. Für das Regierungspräsidium Gießen arbeitet sie seit über 15 Jahren und pendelt täglich von Fulda ein. Zuallererst konzipierte sie den Ärztlichen Dienst der sechs hessischen Ämter für Versorgung und Soziales neu und baute das OEG-Traumanetzwerk auf. Während einer Abordnung ins Sozialministerium beschäftigten sie vor allem Themen wie Schweinegrippe und Organtransplantation.

 

In Corona-Zeit „immer unser gutes Gewissen“

Seit 2018 leitet Ruth Böhr die Abteilung „Soziales“ im RP Gießen. Besonders gefragt war ihre medizinische Meinung ein weiteres Mal in der Corona-Zeit, wie RP Ullrich betont. „Ich war froh, dass wir Frau Böhr bei uns hatten, denn Sie war immer unser gutes Gewissen.“ Eine Pandemie habe zuvor noch niemand erlebt. „Da ist man als Regierungspräsident sehr froh, wenn es eine kompetente Sachverständige im eigenen Haus gibt.“ Sie sei eine engagierte und qualifizierte Mitarbeiterin, die einen sehr guten Ruf genieße. Bis zum Ausscheiden in den Ruhestand sei sie in der Doppelfunktion als Leitende Ärztin der Hessischen Versorgungsverwaltung und Abteilungsleiterin „Soziales“ tätig gewesen. „In dieser Funktion war sie die erste Frau und die erste Ärztin.“

Waren ihre Themen bislang Schwerbehindertenrecht, Elterngeld, die Versorgung von Opfern von Gewalttaten oder auch die Aufsicht über die Versorgungsämter, ist die zukünftige Beschäftigung während der Feierstunde anwesend. Schon jetzt hat sie viel Zeit für ihre zwei Enkel eingeplant, aber auch für sportliche und musische Hobbys wie Tennis und ihre Orgel. Neben dem Garten, „der nach Pflege und Neugestaltung ruft“, sind außerdem „drei Höhenmeter Literatur“ abzuarbeiten. Für sie stehe rückblickend fest: Die Entscheidung für eine Tätigkeit im Landesdienst hat sie nie bereut. „Wer glaubt, die Arbeit im RP wäre langweilig: Sie ist so bunt wie mein Oberteil heute.“

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