Erfreulicherweise ist im Aufsichtsbezirk des Regierungspräsidiums Gießen die Gesamtzahl der bei der Behörde registrierten Arbeitsunfälle – 3.290 im Jahr 2023 – im Vergleich zum Vorjahr (3.550) leicht gesunken. Dennoch waren 299 Arbeitsunfälle so schwerwiegend oder traten auffällig gehäuft in bestimmten Bereichen auf, dass sie von den Experten vor Ort umfassend untersucht werden mussten, darunter auch ein tödlicher Arbeitsunfall.
„Bedenkt man, dass jeder einzelne Unfall mit menschlichem Leid verbunden ist, wird deutlich, wie wichtig die Beurteilung von Gefährdungen und das Treffen von Schutzmaßnahmen sind – und zwar bevor die Arbeiten losgehen“, sagt Michèle Wachkamp, RP-Dezernatsleiterin im Bereich Arbeitsschutz. Damit die Beschäftigten im Aufsichtsbezirk des Regierungspräsidiums Gießen sicher und möglichst unfallfrei arbeiten können, muss die Behörde immer wieder auf die Notwendigkeit der sogenannten Gefährdungsbeurteilung hinweisen. „Wir stellen leider häufig fest, dass Arbeitsschutz kein Selbstläufer ist. Daher sind Kontrollen unverzichtbar“, betont Wachkamp.
Ziel: Nächsten Unfall verhindern
Laut Statistiken der Unfallversicherungsträger sind die häufigsten Ursachen bei Arbeitsunfällen: Abstürzen, Stolpern und Ausrutschen. Hinzu kommt die falsche Handhabung von Maschinen – hier insbesondere bei der Beseitigung von Störungen, bei Wartung, Reparatur und Reinigung. Auch schwere Unfälle mit Fahrzeugen treten gehäuft auf. Gemeldet werden müssen alle Arbeitsunfälle, bei denen Beschäftigte aufgrund ihrer Verletzung mehr als drei Tage arbeitsunfähig sind. Die Meldepflicht besteht sowohl gegenüber der Arbeitsschutzbehörde – in Mittelhessen das Regierungspräsidium Gießen – als auch gegenüber dem Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaft bzw. Unfallkasse).
Bei schweren Unfällen kommen die Arbeitsschützer im Regelfall direkt dazu und unterstützen die Polizei bei den Ermittlungen. Doch egal ob sie gleich vor Ort sind oder den entsprechenden Vorfall im Nachgang untersuchen: „Wir hinterfragen stets, ob der Arbeitgeber die Gefährdungen, die mit der Tätigkeit verbunden sind, beurteilt hat und ob alle notwendigen Schutzmaßnahmen getroffen wurden. Insbesondere wird ermittelt, ob die Beschäftigten in Hinblick auf sicherheitsgerechtes Verhalten und Unfallrisiken unterwiesen wurden“, erklärt Michèle Wachkamp. Dies ist auch zentraler Bestandteil der normalen Baustellen- und Betriebsüberwachungen durch die Aufsichtskräfte der Arbeitsschutzdezernate. „Letztendlich geht es vorrangig immer darum, den nächsten Unfall und das damit verbundene menschliche Leid zu verhindern.“
Experten bei der BAUExpo in Gießen
„Die Unfallzahlen belegen, dass die Überwachung der Einhaltung der Arbeitsschutzpflichten in den Betrieben und insbesondere auf den Baustellen durch die Arbeitsschutzaufsicht bei den Regierungspräsidien eine unentbehrliche und wichtige Aufgabe auch für die Zukunft ist“, betont Michèle Wachkamp. Bei den Kontrollen entdecken die RP-Beschäftigten immer wieder Mängel – von ungeeigneten oder ungeprüften Arbeitsmitteln bis eben zur fehlenden Absturzsicherung. „In der Regel werden die Verantwortlichen vor Ort aufgefordert, die Mängel sofort zu beseitigen. Bei Gefahr für Leib und Leben der Beschäftigten müssen die Arbeiten sofort eingestellt werden. Die Weiterarbeit wird erst dann gestattet, wenn die Mängel beseitigt wurden. Gegen ,Wiederholungstäter‘ werden Bußgeldverfahren eingeleitet“, ergänzt Heller.
Dem Regierungspräsidium Gießen ist wichtig, Bauherren, Planer, Bauunternehmen und Montagebetriebe immer wieder aufzuklären und zu sensibilisieren – nicht nur bei Kontrollen und nach Arbeitsunfällen. Daher sind die Arbeitsschutz-Expertinnen und -Experten auch in diesem Jahr wieder auf der Messe BAUExpo in den Gießener Hessenhallen vertreten. Sie findet vom 8. bis 10. März 2024 jeweils von 10 bis 18 Uhr statt. Das RP ist in Halle 4 am Stand A-2 zu finden. Der Schutz vor Absturz auf Bau- und Montagestellen ist ein Thema auf dem Messestand. Darüber hinaus geht es um Schutzmaßnahmen, die bei der energetischen Sanierung zu treffen sind, insbesondere, wenn dabei asbesthaltige Dächer oder Fassaden entfernt oder alte Dämmstoffe ausgebaut werden sollen.