Die in einem speziellen Fischtransportbehälter angelieferten Tiere wurden vor Ort von zahlreichen Helfern des Vereins in Empfang genommen und unter fachkundiger Anleitung in geeignete Gewässerabschnitte eingesetzt. Dr. Dirk Hübner von der Bürogemeinschaft für fisch- und gewässerökologische Studien und sein Mitarbeiter Roman Fricke begleiten das Projekt „Burgwaldforelle“ der Oberen Fischereibehörde wissenschaftlich. Sie zeigten sich sehr zufrieden und freuten sich über die tatkräftige Unterstützung des Vereins. „Nur wenn möglichst viele Fischereipächter für sich den Wert eines regional heimischen Forellenstammes für ihr Gewässer erkennen, kann die Ausbreitung dieser einzigartigen Bachforelle im Lahnsystem gelingen und sich dieser Stamm gegenüber dem Besatz von Tieren aus Hochzuchtstämmen oder Billigimporten aus dem Ausland durchsetzen. Bisher hatten wir durchgehend positive Rückmeldungen der Pächter auf Anfragen im Zusammenhang mit dem Burgwaldforellenprojekt“, sagt Dr. Dirk Hübner. „Die Wieseck ist prinzipiell als Forellengewässer geeignet, wenngleich sie durch Uferverbau und Begradigung viele strukturelle Defizite hat. Diese könnten an einigen Stellen im Zuge der Gewässerunterhaltung beseitigt oder deutlich abgeschwächt werden. Vielleicht bietet die Ansiedlung der Burgwaldforelle in der Wieseck dafür einen geeigneten Anlass.“
„Für uns steht neben der Passion der Angelfischerei die Bewahrung der Natur im Vordergrund. Daher freuen wir uns, mit unserem Gewässer zur Wiederansiedlung einer regionalen Bachforelle mit einer gesunden, robusten und natürlichen Genetik beitragen zu können“, betonen die Vorsitzenden des Vereins, Andre Gerth und Oliver Degenhardt.
Genetische Vielfalt wahren
Doch warum sind die Tiere gefährdet? „Die Ursachen sind vielfältig“, weiß Dr. Christian Weber von der Oberen Fischereibehörde des Regierungspräsidiums Gießen. Neben fehlenden Lebensräumen durch Gewässerverbauung, mangelnder Durchgängigkeit und Gewässerverschmutzung wird zunehmend die Klimaerwärmung zu einem Problem für die kälte- und sauerstoffliebende Bachforelle. „Unser Projekt ,Burgwaldforelle‘ passt genau in die Zeit. Wir versprechen uns von der Wiederansiedlung eines ursprünglichen, regionalen Bachforellenstamms, dass die Fische an ihre heimischen Gewässer besser angepasst und damit auch resilienter gegenüber Umwelteinflüssen sind als gebietsfremde Tiere“, sagt Dr. Christian Weber. Das Projekt soll auch dazu beitragen, die genetische Vielfalt zu wahren. Gleichzeitig sollen die Bewirtschafter der Fließgewässer für die Wichtigkeit einer regionalen Herkunft von Besatztieren sensibilisiert werden. „Denn der Besatz mit gebietsfremden Fischen trägt nicht unerheblich zu einem Rückgang der genetischen Vielfalt bei“, betont der RP-Mitarbeiter.
Im Rahmen einer im Jahr 2015 von der Universität Koblenz-Landau durchgeführten Studie wurden Wildpopulationen der Bachforelle aus verschiedenen Flussgebietseinheiten Deutschlands erfasst und dokumentiert. Dabei wurde im oberen Roten Wasser (Fließgewässer im Burgwald) eine isolierte und genetisch eigenständige Bachforellenpopulation entdeckt. Die Obere Fischereibehörde beim Regierungspräsidium Gießen hat sich daher mit dem Projekt „Burgwaldforelle“ das Ziel gesetzt, gemeinsam mit den Gewässerbewirtschaftern die Burgwaldforelle in geeigneten Gewässern wieder anzusiedeln. Dazu wird seit 2017 ein Zuchtstamm – unter anderem mit aus der Wildpopulation entnommenen Tieren – aufgebaut. In ausgewählten Bächen wurden bereits Tiere eingesetzt. Seit 2023 werden potentiell geeignete Gewässer systematisch untersucht, ob sie sich als Lebensraum eignen und genug Nahrung bieten. Ist dies der Fall, werden Forellen unterschiedlicher Entwicklungsstadien nach einem speziellen Besatzschema eingesetzt, um die beste Besatzstrategie zu ermitteln. Regelmäßige Bestandserfassungen und genetische Analysen sollen zeigen, ob sich die Tiere in den Gewässern etablieren, vermehren und erfolgreich gegenüber den vorherrschenden Forellenpopulationen gebietsfremder Herkunft durchsetzen.
Interessierte können sich bei Rückfragen per E-Mail an die RP-Fachleuchte (fischereibehoerde@rpgi.hessen.de) wenden.