Gießen/Wiesbaden. Nach tödlichen Badeunfällen in Mittelhessen in den vergangenen Wochen und bundesweit fünf weiteren alleine am Wochenende weist das Regierungspräsidium (RP) Gießen auf die Gefahren in Seen und fließenden Gewässern hin. „Vor allem aktive Baggerseen, in denen noch Sand und Kies abgebaut oder Material verfüllt wird, eignen sich nicht für eine Abkühlung, denn das Baden dort ist lebensgefährlich“, warnt Hendrik Ebert, Leiter des zuständigen Bergbau-Dezernats beim RP Gießen. Deshalb ist das Baden dort auch strengstens verboten.
„In den aktiven Baggerseen und Tagebau-Betrieben lauern Gefahren, die nicht zu unterschätzen sind“, berichtet Hendrik Ebert. Dies betrifft einerseits für die Öffentlichkeit komplett gesperrte Baggerseen und andererseits auch Ufer-Abschnitte, die nicht für die Freizeitnutzung explizit freigegeben sind. „Ohne Vorkenntnisse kann nicht eingeschätzt werden, welche Gefahren dort lauern.“
Insbesondere Stellen, an denen unter Wasser Materialien angespült werden, können wild Badenden zum Verhängnis werden. Was von außen betrachtet vielleicht wie ein idyllischer Strand aussieht, kann im Wasser schnell zur tödlichen Falle werden, wenn der Untergrund plötzlich nachgibt. Ein rechtlicher Aspekt darf auch nicht vernachlässigt werden: Wer aktive Abbau-Bereiche betritt, macht sich zudem des Hausfriedensbruchs schuldig und riskiert eine Anzeige des jeweiligen Unternehmens.
Selbst bei stillgelegten Seen kann es unter Wasser noch zu Hangrutschungen kommen. „Die dadurch entstehenden Kaltwasser-Strömungen können bei den Badenden lebensgefährliche Schocks auslösen“, sagt Hendrik Ebert. Deshalb lautet der Rat der RP-Fachleute: Wer sich bei den hohen Sommertemperaturen erfrischen möchte, kann das in den vielen mittelhessischen überwachten Freibädern oder ausgewiesenen Badeseen machen.
Lahn wird nicht überwacht
Und wie ist es mit dem Baden in Flüssen wie der Lahn? „Auch das birgt Gefahren, um die man wissen sollte“, sagt Gabriele Schramm, die Leiterin des Dezernates für Oberflächgewässer. „Die Lahn ist kein bei der EU angemeldetes Badegewässer, das einer strengen Überwachung unterliegt.“ Das Baden in Flüssen ist grundsätzlich zwar im Rahmen des sogenannten Gemeingebrauchs erlaubt (vgl. § 19 Hessisches Wassergesetz). Das gilt, wenn keine anderen Regelungen oder Eigentumsrechte Dritter dem entgegenstehen, etwa wenn es sich bei einem Abschnitt der Lahn um ein festgestelltes Naturschutzgebiet handelt. Aber auch wenn der Gemeingebrauch das Baden zulassen würde: Die Lahn oder andere Gewässer werden nicht überwacht, weder im Hinblick auf die Vermeidung von Badeunfällen, noch hinsichtlich der Badewasserqualität. Insgesamt wird vom Baden in nicht gemeldeten Badegewässern abgeraten. Und, was besonders wichtig ist: Es erfolgt dort vollständig auf eigene Gefahr.
Zum Hintergrund:
Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V., kurz DLRG, registrierte zuletzt einen starken Anstieg um 19 Prozent auf 355 Menschen, die im vergangenen Jahr bundesweit ertranken, größtenteils in Seen und Flüssen. In Hessen waren es 14 Menschen. Sowohl Flüsse als auch Seen sind in der Regel unbewacht, weshalb dort Hilfe im Notfall oft zu spät kommt. Verschärfend kommt hinzu, dass immer weniger Menschen hierzulande schwimmen können.