Gießen. Nur noch wenige Wochen, dann beginnt die Ausbildungszeit. Für viele Jugendliche ein Grund zur Freude. Als neue Azubis wagen viele den nächsten Schritt hin in das Berufsleben. Beim Start spielt neben dem Berufsbildungs- auch das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) eine wichtige Rolle. Das Regierungspräsidium Gießen (RP) achtet als Aufsichtsbehörde darauf, dass die rechtlichen Grundlagen zu ihrem Schutz eingehalten werden und gibt pünktlich zum Ausbildungsbeginn wichtige Tipps.
Arbeitszeit
„Junge Menschen sind aus verschiedenen Gründen am Arbeitsplatz besonders gefährdet, denn ihnen fehlt einfach noch die Erfahrung und Weitsicht“, sagt Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich. Für den Arbeitgeber bestehen daher besondere Pflichten. Vor allem bei der Arbeitszeit gelten klare Regeln. Täglich dürfen die Jugendlichen maximal acht Stunden arbeiten, wöchentlich nicht mehr als 40 Stunden. „Diese Grenzen dürfen nur in bestimmten Fällen überschritten werden“, sagt Arbeitsschutzexperte Günter Foth vom RP. So könnten zum Beispiel Jugendliche, die an einzelnen Werktagen weniger als acht Stunden arbeiten, an den übrigen Werktagen derselben Woche achteinhalb Stunden beschäftigt werden.
„Das ist wichtig für die Anpassung an die Arbeitszeit der Erwachsenen, besonders bei Gleitzeit. Die maximale Arbeitszeit von achteinhalb Stunden darf jedoch nicht überschritten werden.“ Spätestens nach viereinhalb Stunden Arbeit steht die gesetzlich vorgeschriebene Ruhepause an: Bei bis zu sechs Stunden Arbeit sind es 30 Minuten, bei mehr als sechs Stunden Arbeit sogar 60 Minuten. Unter einer Ruhepause wird die Arbeitsunterbrechung von mindestens 15 Minuten verstanden. Unterbrochen werden müssen die Arbeitstage dann von mindestens zwölf Stunden Arbeitsruhe.
Für den Unterricht an Berufsschulen gibt es für die Auszubildenden ebenfalls besondere Regeln. Sie werden freigestellt und dürfen nicht zur vorherigen Arbeit herangezogen werden, wenn der Berufsschulunterricht vor 9 Uhr beginnt. Die Unterrichtsstunden werden auf die Arbeitszeit angerechnet. Einmal in der Woche wird der Azubi an einem Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden freigestellt. Danach muss dann nicht mehr im Betrieb gearbeitet werden. Die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit wird für diesen Tag angerechnet. Findet in der Woche ein weiterer Berufsschultag statt, greift auch hier eine Freistellung, wobei die anschließende Arbeit im Betrieb in diesem Fall noch möglich ist. In Berufsschulwochen mit Blockunterricht von mindestens 25 Stunden an fünf Tagen müssen Auszubildende ebenfalls freigestellt werden.
Doch auch weitere Beschäftigungszeiten sind vom Jugendarbeitsschutzgesetz gedeckt. Generell gilt für die jungen Berufseinsteiger die Fünf-Tage-Woche. „Für gewöhnlich bedeutet das ein grundsätzlich freies Wochenende für die Azubis. In manchen Branchen wie zum Beispiel in Kranken- und Pflegeberufen, Bäckereien und Konditoreien oder im Gaststätten- und Kfz-Gewerbe darf aber auch samstags und sonntags gearbeitet werden“, erläutert Günter Foth. Dies ändere aber nichts am Grundsatz der Fünf-Tage-Woche. „Wenn ein Jugendlicher am Wochenende arbeiten soll, muss er an einem anderen Tag der Woche frei bekommen.“ Mindestens an zwei Samstagen und Sonntagen im Monat findet keine Beschäftigung statt.
Unfall- und Gesundheitsgefahren
Neben der Arbeitszeit ist auch der Umgang mit Gefahrstoffen oder gefährlicher Arbeit geregelt. „Jugendliche dürfen mit Arbeiten, die ihre psychischen und physischen Kräfte überfordern, nicht beschäftigt werden“, sagt Bianca Hoyer, ebenfalls im RP für den Arbeitsschutz zuständig. Ihr Kollege Sascha Dietz ergänzt: „Darüber hinaus dürfen die Azubis nicht mit besonders unfallgefährdeten Arbeiten betraut werden, bei ungünstigen Wetterbedingungen arbeiten oder sich mit schädlichen physikalischen, chemischen oder biologischen Stoffen beschäftigen.“ Diese Verbote sind grundsätzlicher Natur. Von den Jugendlichen dürfen solche Tätigkeiten aber dennoch ausgeführt werden, wenn sie für die Ausbildung des Jugendlichen dringend notwendig sind und unter Anleitung und Aufsicht fachkundiger Kollegen stattfinden.
Und was ist bei potenziell gefährlichen Aufgaben? Dabei ist zu beachten: der Arbeitgeber klärt die Azubis über die bestehenden Unfall- und Gesundheitsgefahren auf und muss ihnen vorbeugende Verhaltensweisen und Schutzmaßnahmen gegen diese Gefahren zeigen, bevor sie mit der Tätigkeit beginnen. „Maschinen müssen vom Ausbilder vorgeführt werden und die Jugendlichen müssen über Schutzvorrichtungen und richtiges Verhalten belehrt werden“, berichtet Bianca Hoyer. „Das gilt besonders im Umgang mit den gesundheitsgefährdenden Gefahrstoffen.“ Bei der Festlegung von allen Schutzmaßnahmen sind grundsätzlich der Betriebsarzt sowie die zuständige Fachkraft für Arbeitssicherheit zu beteiligen. „Außerdem ist eine mindestens halbjährliche Wiederholung der Unterweisung durch den Arbeitgeber oder Ausbilder Pflicht.“
Der Gesetzgeber hat auch der gesundheitlichen Betreuung eine große Bedeutung im JArbSchG eingeräumt. Vor gesundheitlichen Schäden können die Jugendlichen durch ärztliche Untersuchungen bewahrt werden. „Eine Erstuntersuchung muss innerhalb der letzten 14 Monate vor Eintritt in das Berufsleben stattgefunden haben. Dem Arbeitgeber muss dabei eine vom untersuchenden Arzt ausgestellte Bescheinigung vorgelegt werden, andernfalls darf der Jugendliche nicht beschäftigt werden“, sagt Sascha Dietz.
Eine weitere ärztliche Nachuntersuchung ist dann im ersten Jahr nach Beginn der Beschäftigung vorgeschrieben, inklusive der weiteren Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung beim Arbeitgeber. Sollte der Azubi dies nicht machen, wird er dazu von seinem Arbeitgeber schriftlich aufgefordert. In dieser Erinnerung muss darauf hingewiesen werden, dass der Arbeitgeber den Azubi nicht weiter beschäftigen darf, wenn dieser die Bescheinigung nicht spätestens 14 Monate nach Beginn der Ausbildung vorlegt.