Gießen/Mittelhessen. Sie werden als unnütz angesehen, manchmal zerstört und kaum jemand (er-)kennt sie: die Biotope und damit Lebensräume, die nach Paragraf 30 des Bundesnaturschutzgesetzes besonders geschützt sind. „Sie sind Lebensraum für eine Vielzahl von seltenen Tier- und Pflanzenarten, die auf intensiv bewirtschafteten oder bebauten Flächen keine Chance mehr haben. Das macht die besonders geschützten Biotope gerade in der heutigen Zeit umso wichtiger“, sagt der Gießener Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich. Es gibt sie an vielen Stellen, natürlich auch in Mittelhessen. Dazu zählen beispielsweise Streuobstwiesen, Moore und magere, artenreiche Mähwiesen. „Wir wollen mit einer kleinen Serie auf diese wichtigen Lebensräume für Tiere und Pflanzen aufmerksam machen, denn: Nur was wir kennen, können wir lieben und schützen“, ergänzt Stefanie Specht vom Regierungspräsidium (RP) Gießen, Dezernat für Schutzgebiete.
Das Regierungspräsidium als Obere Naturschutzbehörde hat ein Auge auf diese Lebensräume und kommt dann ins Spiel, wenn es sinnvoll ist, größere Flächen mit solchen Biotopen als Naturschutzgebiete auszuweisen. Gleichzeitig fördert die Behörde Artenschutzmaßnahmen, die diesen Flächen zugutekommen. Wer zum Schutz von Fledermäusen beispielsweise Stollen und Höhlen mit einem Gitter versehen, Obstbäume auf Streuobstwiesen nachpflanzen möchte, Klimaschutzmaßnahmen oder auch Strukturmaßnahmen an Gewässern plant, sollte sich zunächst mit dem zuständigen Dezernat für Artenschutz in Verbindung setzen. Und nicht zuletzt informiert das Regierungspräsidium immer wieder zu Themen rund um Arten- und Naturschutz. In den nächsten Wochen stehen daher die Biotope, die nach Paragraf 30 des Bundesnaturschutzgesetzes besonders geschützt sind, im Fokus.
Keine amtlichen Schilder
Naturschutzgebiete lassen sich leicht erkennen – sie sind beschildert. „Die besonders geschützten Biotope müssen hingegen nicht durch amtliche Schilder gekennzeichnet werden, dürfen aber ebenso wenig zerstört oder erheblich beeinträchtigt werden“, sagt Stefanie Specht. Viele dieser Biotope befinden sich zwar in ausgewiesenen Naturschutzgebieten. Aber häufig sind sie auch klein und kommen vereinzelt vor, daher können und werden sie nicht alle als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Geschützt sind in Hessen natürliche oder naturnahe Gewässer, Moore und Sümpfe, Trockenrasen, Auwälder, offene Felsbildungen, ungenutzte Höhlen und naturnahe Stollen, Flachland- und Berg-Mähwiesen, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern sowie Alleen.
Die Liste ist lang, aber: „Die meisten dieser Biotope sind selten, da sie auf sogenannten Sonderstandorten vorkommen: auf trockenen oder sehr nassen Böden, auf flachgründigen Böden, auf saurem oder alkalischem Untergrund oder in Hanglagen“, weiß die RP-Mitarbeiterin. Diese Standorte werden oft nicht oder nur extensiv landwirtschaftlich genutzt, weil sie schwer mit Maschinen bewirtschaftet werden können oder der landwirtschaftliche Ertrag nicht lohnenswert wäre.