Teilweise mehrjährige und bereits abgeschlossene Projekte wurden vom RP Gießen initiiert, um weitere Erfahrungswerte im Umgang mit invasiven Pflanzenarten zu gewinnen und um Wissenslücken zu füllen.
Dabei erfolgt bzw. erfolgte eine fachliche Begleitung und Auswertung durch zwei Biologen.
Vergleichende Untersuchung zur Bekämpfung und Ausbreitungsprävention invasiver Pflanzen im Rahmen des EU-LIFE-Projektes „LiLa – Living Lahn“
Das LIFE-Projekt „LiLa – Living Lahn“ ist ein von der EU gefördertes Projekt zur großräumigen Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie an der Lahn. Mehrere Bundes- und Landesbehörden haben sich in dem Projekt zusammengeschlossen und auch das Regierungspräsidium Gießen gehört zu den Projektpartnern.
Ein Teilprojekt beschäftigt sich mit der Bekämpfung und Ausbreitungsprävention invasiver Pflanzen in den Fließgewässersystemen der Perf (Landkreis Marburg-Biedenkopf) und des Kerkerbachs (Landkreis Limburg-Weilburg). Ziel ist es, an der Lahn und im jeweiligen Projektgebiet naturnahe Uferstrukturen zu erhalten, zu fördern und wiederherzustellen. Eine flächendeckende Bekämpfung invasiver Pflanzen soll nicht erreicht werden.
Untersucht wird im Projekt vor allem, inwieweit gezielte Bekämpfungsmaßnahmen ausgewählter Vorkommen eine (Fern)Ausbreitung verhindern bzw. minimieren können und welche Erfahrungswerte (Aufwand, Kosten, Bekämpfungserfolg) aus den Maßnahmen gewonnen werden können. Darüber hinaus sollen Maßnahmen zur Verschleppungsprävention bei baulichen Maßnahmen im Fließgewässerbereich erprobt werden.
Das abschließende Projektziel ist es, ein auf andere Regionen übertragbares „Handbuch zum Umgang mit invasiven Pflanzen in Fließgewässersystemen“ einschließlich eines „Handlungsleitfadens zur Verschleppungsprävention bei Baumaßnahmen“ zu erstellen. Gedacht ist das Handbuch als allgemeine Handlungsempfehlung für Naturschutzbehörden, Planungsbüros und alle Interessierte.
Nadelkrautbekämpfung im Natura-2000-Gebiet „Brückerwald und Hußgeweid“ bei Amöneburg (Landkreis Marburg-Biedenkopf)
Im Natura-2000-Gebiet „Brückerwald und Hußgeweid“ in der Nähe von Amöneburg konnte sich in einem Schutzgebiet liegenden Amphibienteich eine gebietsfremde Wasserpflanze ansiedeln: das aus Australien und Neuseeland stammende Nadelkraut (Crassula helmsii). Es ist davon auszugehen, dass die beliebte Aquarienpflanze ursprünglich in dem Gewässer ausgesetzt wurde. Trotz verschiedener Bekämpfungsmaßnahmen konnte sich die Art bereits in einem benachbarten Teich ansiedeln.
Das Nadelkraut hat eine ausgeprägte Neigung zu Dominanzbeständen und stellt eine potenzielle Gefahr für heimische Arten und Lebensgemeinschaften dar. In Kooperation mit dem Forstamt Kirchhain und externen Biologen versucht das RP Gießen seit einigen Jahren, die Art wieder zurückzudrängen. Um eine weitere Verschleppung in angrenzende Gewässer und Feuchtgebiete zu verhindern, werden nun auch die Besucherinnen und Besucher des Schutzgebietes gebeten, das direkte Umfeld der betroffenen Teiche zu meiden und Hunde dort nicht frei laufen zu lassen.
Weitergehende Informationen dazu finden Sie in dem Merkblatt „Verschleppungsprävention zum Nadelkrautvorkommen im FFH-Gebiet Brückerwald und Hußgeweid“ sowie in einer Pressemitteilung des RP vom 28.11.2013.
Untersuchungen zur Staudenlupine in den Höhenlagen des Westerwaldes und des Vogelsberges
Von 2012 bis 2014 wurden Bekämpfungsmaßnahmen gegen die Staudenlupine (Lupinus polyphyllus) in den Höhenlagen des Westerwaldes und des Vogelsberges untersucht. Die ursprünglich aus Nordamerika stammende Lupine besitzt eine große Ausbreitungstendenz. Über die eine Anreicherung von Luftstickstoff im Boden bewirkt sie nachhaltige Vegetationsveränderungen besonders bei Mager- und Borstgrasrasen. Arten wie z.B. die gefährdete Arnika werden dadurch zusätzlich in ihren Beständen bedroht. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die Art schnittempfindlich ist und durch konsequente, mehrfache Mahd erfolgreich zurückgedrängt werden kann.
Wissenschaftliche Begleitung der Springkrautbekämpfung im Braunfelser Weipersgrund (Lahn-Dill-Kreis)
Ebenfalls von 2012 bis 2014 wurden im Braunfelser Weipersgrund im Auftrag des RP Gießen Bekämpfungsmaßnahmen gegen das Indische Springkraut fachlich begleitet. Die Bekämpfung erfolgt in dem Seitental des Solmsbachs zum Schutz wertvoller Biotope und eines reichen Artenspektrums und wird mit hohem Engagement vom örtlichen Ehrenamt durchgeführt. Wichtiger Bestandteil des Projektes war u.a. die Untersuchung möglicher Beeinträchtigungen auf das Reproduktionsverhalten seltener Insektenarten (wie z.B. der Blauflügel-Prachtlibelle) durch dominante Springkrautvorkommen.
Das Indische Springkraut (Impatiens glandulifera) ist eine gebietsfremde Pflanze, deren Gefährdungspotenzial für das ökologische Gleichgewicht als relativ gering eingeschätzt wird. Bekämpfungsmaßnahmen mit dem Ziel der Ausrottung sind daher grundsätzlich nicht angezeigt. Diese wären in der Regel nicht angemessen und erfolgsversprechend. Allerdings sind noch nicht alle Auswirkungen des Springkrauts auf heimische Arten und Lebensräume abschließend untersucht. Eine weitere Ausbreitung der Art sollte daher vorsorglich unterbunden werden.
Die Untersuchungsergebnisse dieses dreijährigen Projekts machen daher auch deutlich, dass Maßnahmen gegen das Springkraut gewählt werden sollten, die mit wenig Aufwand einen großen Effekt erzielen. So sollten z.B. Neuansiedlungen und Pionierpopulationen auf bislang unbelasteten Flächen rechtzeitig und nachhaltig entfernt werden um eine Etablierung und den Aufbau einer sogenannten Samenbank zu verhindern. Samen des Indischen Springkrauts können im Erdreich bis zu sieben Jahre lang keimfähig bleiben.
Pilotprojekt zur Ausbreitungsprävention des Indischen Springkrauts im Solmsbachtal (Lahn-Dill-Kreis)
In Kooperation mit den Gemeinden Schöffengrund, Waldsolms und der Stadt Braunfels wurde vom RP Gießen im Juni 2013 ein Projekt zur Springkrautprävention im Solmsbachtal ins Leben gerufen. Ziel des Projektes war es, betroffene Anwohnerinnen und Anwohner sowie örtliche Naturschutzgruppen über die Springkrautproblematik zu informieren und zu einfachen präventiven Maßnahmen im Hinblick auf eine Ausbreitungsprävention zu aktivieren. Dabei sollten bislang „springkrautfreie“ Bereiche möglichst langfristig durch Bürgerbeteiligung vor einer weiteren Besiedlung bewahrt werden. Insbesondere der NABU Waldsolms mit seinen Mitgliedern wurde initiativ und nach Abschlussuntersuchungen im Jahr 2014 zeigte sich, dass an den maßgeblichen Stellen das Indische Springkraut erfolgreich eingedämmt werden konnte. In den kommenden Jahren sind weitere Maßnahmen durch die Ehrenamtlichen in Planung. Die Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem Projekt legen nahe, dass ein solches Präventionskonzept grundsätzlich auch auf andere Regionen und auch im Hinblick auf andere invasive Pflanzenarten übertragbar sein kann.