Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich überreichte den Förderbescheid für das Projekt „Vespa Velutina“ an Dr. Reinhold Siede (Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen), Reiner Jahn (Hornissenberater) und Oliver Lenz (Landesverband Hessischer Imker; von links).

Regierungspräsidium Gießen

Entwickeln, testen und umsetzen – Förderung für innovative Projekte

Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich übergibt Förderbescheide für landwirtschaftliche Vorhaben – Unterstützung für sechs Gruppen

Gießen/Wetzlar. Invasive Arten, Krankheiten bei Kartoffeln, trockene Sommer und damit verbunden ein schlechtes Pflanzenwachstum: Das sind nur drei der Probleme, mit denen Landwirte landauf, landab zu kämpfen haben. Doch es gibt Menschen, die sich zusammentun, die Probleme anpacken und innovative Lösungen für alle suchen. Unterstützung bekommen sie dabei durch Förderprogramme der Europäischen Union und des Landes Hessen. Die Europäische Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-Agri) ist seit 2015 eines davon. „Wir haben in den vergangenen acht Jahren viel erreicht. Inzwischen sind 35 Vorhaben mit einem Fördervolumen von rund elf Millionen Euro bewilligt worden“, berichtet der Gießener Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich. Jetzt sind noch einmal sechs Projekte dazugekommen. In Wetzlar überreichte Ullrich die entsprechenden Förderbescheide mit einem Volumen von zusammen rund 3,6 Millionen Euro an die Beteiligten. Das Regierungspräsidium Gießen ist in Hessen die zuständige Bewilligungsstelle für EIP-Agri.

Austausch zwischen Praxis, Wirtschaft, Beratung und Forschung verbessern

„Unsere Projekte in Hessen sind mehr als nur Lösungsansätze. Sie sind und können der Schlüssel zu einer ressourceneffizienten, wettbewerbsfähigen, emissionsarmen und klimaresistenten Land- und Forstwirtschaft sein“, betonte der Regierungspräsident. „Ich bin überzeugt, dass wir mit dem Instrument EIP-Agri auch in Zukunft viel bewegen können. Das zeigen die Vorhaben, die in Umsetzung und teilweise bereits abgeschlossen sind.“ Dieser positiven Einschätzung schloss sich Joachim Dippel, Referatsleiter im Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, gerne an. „EIP-Agri ist in Hessen ein Erfolg. Wir haben als kleines Pflänzchen begonnen und sind inzwischen in Deutschland im Ländervergleich sehr gut vertreten“, sagte er. Im Rahmen einer Richtlinienänderung sei unter anderem ab dem Förderjahr 2023 die maximal mögliche Fördersumme erhöht worden, um gegenüber bisher auch größere Projekte unterstützen zu können. 80 Prozent der eingesetzten öffentlichen Mittel kommen von der EU, 20 Prozent vom Land Hessen.

Grundsätzlich geht es bei EIP-Agri immer darum, Innovationen zu fördern und den Austausch zwischen Praxis, Wirtschaft, Beratung und Forschung zu verbessern. In den Genuss der Förderung kommen auch diesmal Akteure, die sich als Operationelle Gruppe zusammengeschlossen haben und eine Innovation in land- und forstwirtschaftlichen Themenfeldern entwickeln, testen und umsetzen. Für die sechs neuen Vorhaben wurden insgesamt über 3,6 Millionen Euro und damit für jedes Projekt rund 600.000 Euro bewilligt. Während der Bescheidübergabe in Wetzlar, die auch dem Austausch untereinander diente, wurden die Projekte vorgestellt. Die beteiligten landwirtschaftlichen Unternehmen, Verbände, Institutionen und Organisationen erstrecken sich über ganz Hessen. Auch Mitglieder aus anderen Bundesländern und anderen Ländern sind mit dabei.

Einen Förderbescheid erhielt die Gruppe „Vespa velutina Hessen: Regional angepasste Monitoring- und Managementstrategien für die Asiatische Hornisse in Hessen“. Die Asiatische Hornisse ist eine invasive Art, die nachweislich längst in Hessen angekommen ist. Die Tiere sind eine Gefahr – insbesondere für die Biodiversität, die heimischen Bienen und damit auch für die Landwirtschaft. Denn eine unzureichende Bestäubung führt zu qualitativen und quantitativen Einbußen, insbesondere in Wein- und Obstbaukulturen. Umso wichtiger ist es, die Nester der Asiatischen Hornisse so früh wie möglich ausfindig zu machen und zu zerstören. Etwa 200 solcher Nester gibt es derzeit in Hessen. Sie können bis zu einem Meter hoch sein. Die Gruppe hat es sich zur Aufgabe gemacht, bereits entwickelte Methoden des Monitorings und der Nestfindung zu bewerten, das Schadpotenzial für Bienenhalter und Obstbauern zu untersuchen und die Öffentlichkeit zu schulen. Und natürlich werden neue Abwehr- und Managementmethoden entwickelt. Hauptverantwortlich ist das Comunis Projektbüro in Morschen (Schwalm-Eder-Kreis). Das Gebiet, in dem das Projekt umgesetzt wird, umfasst Mittel- und Südhessen.

Einen Bescheid gab es auch für die Gruppe „Zikaden-Management Kartoffel: Sicherung des Kartoffelanbaus in Hessen durch innovatives Zikaden-Management (SiKaZiKa)“. Zikaden sind für Mensch und Natur eigentlich ungefährlich. Die Schilf-Glasflügelzikade hat sich aber vom harmlosen Insekt zum hochgefährlichen Überträger von Krankheiten entwickelt, darunter die bakterielle Kartoffelknollen-Welke. Die Krankheit, erst 2002 entdeckt, sorgt dafür, dass die Knollen weich und gummiartig sind. Die Gruppe hat sich als großes Ziel gesetzt, den Kartoffelanbau in Hessen und darüber hinaus nachhaltig zu sichern. Durch Feldversuche an verschiedenen Standorten werden Kartoffelsorten auf ihre Toleranz gegenüber der Zikade getestet. Zudem wird Pflanzgut untersucht und die Insekten werden beobachtet. Hauptverantwortlich ist die res naturae QSV GmbH in Wiesbaden. Das Gebiet des Vorhabens erstreckt sich auf schwerpunktmäßig auf Südhessen und hat auch Organisationen aus Kassel und Wetzlar als Mitglieder.

Gefördert wird auch das Projekt „DürreReSILIenz: Siliziumdüngung zur Erhöhung der Dürreresilienz bei Winterweizen, Mais und Grünland in Hessen“. Durch den Klimawandel treten immer häufiger Dürreperioden auf. Ziel des Projekts ist daher, die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen angesichts trockener Witterung zu verbessern sowie Praxiserfahrung zu sammeln. Silizium steigert die Fähigkeit des Bodens, Wasser zu speichern, und wirkt sich positiv auf die Verfügbarkeit von Nährstoffen und damit das Pflanzenwachstum aus. Die Gruppe führt Kleinparzellenversuche durch und untersucht, wie sich die Siliziumdüngung auf die Ertragsstabilität und die -qualität auswirkt. Hauptverantwortlich ist die Justus-Liebig-Universität Gießen. Das Gebiet, in dem das Projekt umgesetzt wird, umfasst ganz Hessen.

Einen Förderbescheid gab es zudem für die Gruppe „Miscanthus-Streifenanbau: Integration von mehrjährigen Miscanthus-Streifen auf Ackerflächen“. Miscanthus gehört zur Familie der Süßgräser. Die mehrjährigen, immergrünen und büscheligen Pflanzen bieten günstige Voraussetzungen, um als nachwachsender Lieferant von Biomasse, Brennstoff, Baustoff oder Einstreu in der Tierhaltung verwendet zu werden. Auch hier werden im Zuge des Projekts auf Versuchsflächen Daten erhoben und die Nachhaltigkeit bewertet. Zudem sollen potenzielle Absatzmärkte für innovative, langlebige Miscanthus-Produkte erschlossen werden. Hauptverantwortlich ist das Institut für Ökologischen Landbau und Landschaftsökologie und Ressourcenmanagement der Justus-Liebig-Universität Gießen. Das Gebiet, in dem das Projekt läuft, umfasst die Region Mittelhessen.

Über eine Förderung von freuten sich auch die Verantwortlichen der Gruppe „Mohnopoly: Sichtung standortangepasster neuer Speisemohnsorten in Hessen und Thüringen“. Obwohl Mohn eine uralte Kultur ist, deren Anbau in Deutschland eine lange Tradition hat, wird er derzeit nur wenig angepflanzt. Der Mohnanbau unterliegt strengen gesetzlichen Regelungen, die lediglich den Anbau von morphinarmen Sorten erlauben. Von über 55 europaweit gelisteten Sorten sind derzeit nur drei für den heimischen Anbau zugelassen. Hinzu kommt, dass es große Schwankungen bei den Erträgen gibt. Die Gruppe möchte unter anderem neue Sorten aus Österreich sichten, prüfen und bewerten sowie die Anbauverfahren optimieren. Hauptverantwortlich ist das Fachgebiet Ökologischer Land- und Pflanzenbau der Universität Kassel. Das Projekt wird schwerpunktmäßig in Nordhessen und Thüringen sowie einem Zuchtunternehmen aus Österreich umgesetzt.

Finanzielle Unterstützung gab es zudem für das Projekt „ReduHerb: Strategien zur Reduzierung des Herbizideinsatzes in Hackfrüchten durch innovative Hacksysteme“ unterstützt. Hierbei geht es in erster Linie um den Anbau von Zuckerrüben und Mais. Ihr Wachstum wird gefördert, indem der Boden mehrmals behackt und Unkraut entfernt wird. Die Gruppe erprobt verschiedene Kombinationen chemischer und mechanischer Verfahren zur Unkrautkontrolle, um den Einsatz von Herbiziden nachhaltig zu reduzieren. Aufgrund fehlender Erfahrungen und unzureichender Wirksamkeit bleiben mechanische Methoden bislang oft ungenutzt. Bei dem Projekt werden nun Versuche in drei Vegetationsperioden durchgeführt, inklusive Erfassung von Wetterdaten, Beobachtung und Auswertung. Hauptverantwortlich ist das Ingenieurbüro für Ökologie und Landwirtschaft in Kassel. Das Gebiet umfasst den Großraum Nordhessen.

Weitere Informationen zum Thema EIP-Agri gibt es auf den Internetseiten des Hessischen Umweltministeriums unter https://umwelt.hessen.de/landwirtschaft/foerderung/innovation-und-zusammenarbeit/innovation-und-zusammenarbeit-2014-2020/eip-agri-2014-2020Öffnet sich in einem neuen Fenster und des Regierungspräsidiums Gießen unter https://rp-giessen.hessen.de/natur/landwirtschaft-foerderprogramme/innovation-und-zusammenarbeit/europaeische-innovationspartnerschaft. Hier finden Interessierte auch die Kontaktdaten der zuständigen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner beim hessischen Innovationsdienstleister und beim zuständigen Fachdezernat des Regierungspräsidiums.

Hintergrund:

Über den „Entwicklungsplan für den ländlichen Raum des Landes Hessen 2014-2022“ werden bereits seit 2015 innovative Vorhaben der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft sowie des Wein- und Gartenbaus gefördert. Ab dem Jahr 2023 erfolgt die Förderung über den „GAP-Strategieplan 2023-2027“ (https://umwelt.hessen.de/laendliche-raeume/eler-foerderung/eler-2023-2027Öffnet sich in einem neuen Fenster). Die für die Projekte gewährte Förderung erfolgt zu 80 Prozent aus EU-Geldern des „Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums“ (ELER) und zu 20 Prozent aus Mitteln des Landes Hessen. Die Europäische Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-Agri) und die Maßnahmen zur Förderung der Zusammenarbeit bilden hierfür die zentralen Instrumente, die gemeinsam vom Hessischen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium, dem Regierungspräsidium (RP) Gießen, dem Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) und dem Frankfurter Institut für Ländliche Strukturforschung (IfLS) als Hessischer Innovationsdienstleister umgesetzt werden.

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Oliver Keßler

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