Ein RP-Mitarbeiter kontrolliert eine Falle. Zwei Männer schauen ihm dabei über die Schulter.

Regierungspräsidium Gießen

Verbreitung frühzeitig verhindern

Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich begleitet Team vom Pflanzenschutzdienst Hessen – Kontrolle von Insektenfallen für sogenannte prioritäre Schädlinge bei Kirtorf

Gießen/Kirtorf. Der Japankäfer schillert grün-bronzen, ist nicht größer als ein Centstück –und er ist gefürchtet. Im Gegensatz zum Kartoffelkäfer, der sich lediglich auf der Kartoffel  beheimatet, fühlt er sich auf über 300 verschiedenen Pflanzen sehr wohl, was ihn deshalb auch so gefährlich macht. Wo er inzwischen auch in Europa auftaucht, ist der Schaden immens. Der Japankäfer ist nur eines von 20 Beispielen für sogenannte prioritäre Schädlinge, die durch globalen Handel immer häufiger den Weg nach Deutschland finden. Getreu dem Motto „Wehret den Anfängen“ gibt es in ganz Hessen an 90 Standorten ein Netz mit 111 Insektenfallen, vom Weinbau in Südhessen bis zu den Forstschädlingen im Norden. Drei Mitarbeiter vom Regierungspräsidium (RP) Gießen sind von Frühjahr bis Herbst täglich unterwegs, diese aufzuhängen und zu überwachen. Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich hat ein Team bei der Kontrolle von drei Fallen im Forstamt Romrod in der Nähe des Kirtorfer Ortsteils Ober-Gleen begleitet.

Für jeden prioritären Schädling ein Notfallplan

„Wir machen alles, damit wir ihn nicht hier haben.“ Dr. Christian Hillnhütter, Leiter des Dezernats für den Pflanzenschutzdienst, erläutert die Hintergründe, denn dabei handelt es sich um eine relativ neue Aufgabe. Neben der regelmäßigen Kontrolle von Betrieben und deren Pflanzenbeständen wird seit 2019 die dazugehörige EU-Verordnung für ganz Hessen von der Mittelbehörde mit Sitz in Gießen umgesetzt. Und was passiert, wenn ein prioritärer Schädling in die Falle geht?  Für jeden prioritären Schädling gibt es einen Notfallplan, der die zu ergreifenden Maßnahmen beschreibt. „Die Vorgehensweise hängt ganz vom Schädling ab“, berichtet Christian Hillnhütter.

Um eine Falle zu finden, muss man schon wissen, wo sie platziert ist. Das kann manchmal schwierig werden, wenn sich die Natur im Laufe des Jahres ausgebreitet hat. Unauffällig an einem Baum unweit des Forstwegs hängt die erste an diesem Tag ein paar hundert Meter tief im Wald. Ein gelbes Plastikkreuz und die mit speziellen Duftstoffen gefüllte grüne Plastiktüte darunter lassen Spielraum, was das sein könnte. Ein Aufkleber mit dem RP-Logo klärt über die Funktion der Falle auf. Manchmal wird eine Falle bei Sturm auch weggeweht. „Wir haben auch schon Anrufe bekommen, dass Passanten die Falle gefunden haben“, berichtet Dirk Hill. Regierungspräsident Ullrich lässt sich von dem RP-Team die Hintergründe erläutern. Mit dabei ist auch Abteilungsleiterin Sonja Heckrodt. Die Falle ist fast leer, von wenigen Fliegen abgesehen, was den Fachleuten am liebsten ist.

Diese Falle hängt mehrere Meter hoch an einem Baum und soll den Eschenprachtkäfer anlocken, der für großen Schaden sorgen kann (v.l.): Michael Wilhelmi, Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich, Alexander Grüner, Dr. Christian Hillnhütter und Dirk Hill.
Diese Falle hängt mehrere Meter hoch an einem Baum und soll den Eschenprachtkäfer anlocken, der für großen Schaden sorgen kann (v.l.): Michael Wilhelmi, Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich, Alexander Grüner, Dr. Christian Hillnhütter und Dirk Hill.

Die Orte für die landesweit 111 Fallen werden bewusst gewählt. Gesucht werden sogenannte Risikostandorte, vom tiefen Wald über die Autobahnraststätte, Baumschule, öffentliche Grünanlage, eine Gärtnerei in unmittelbarer Nähe bis zum Weinberg. Das wichtigste Werkzeug zur Orientierung ist eine eigene App mit einer digitalen Landkarte. „Jeder Punkt auf der Karte ist eine einzelne Falle“, sagt Michael Wilhelmi. Klickt man sie an, erscheinen alle verfügbaren Informationen. „Die Fallen fahren wir alle ab.“ Koordiniert werden die Touren von Dirk Hill, Mitarbeiter des Pflanzenschutzdienstes Hessen beim RP Gießen. „Gerade wenn ein Kartoffelfeld im Verlauf des Sommers dicht zugewachsen ist, sind die Fallen nicht leicht zu finden“, sagt sein Kollege Alexander Grüner.

„Frühwarnsystem“

Es geht Hundert Meter tiefer in den Wald hinein zu Falle Nummer zwei. Die hängt in luftiger Höhe etwa fünf Meter an einem Ast und wird zur Kontrolle an einer Schnur heruntergelassen. Was für den Laien aussieht wie ein sechsgeschossiges Bienenhotel im Bauhausstil, soll tatsächlich den Eschenprachtkäfer Agrilus planipennis anlocken, einen weiteren Schädling. Der ist kein filigraner Flieger und landet eher plump, weshalb die Falle besonders viel Fläche dafür bietet. Insgesamt hat die EU 20 prioritäre Quarantäneschädlinge definiert, zu denen unter anderem die Mexikanische Fruchtfliege, der Asiatische Laubholzkäfer oder der Kiefernholznematode zählen.

Eingeschleppt werden die neuen Schädlinge etwa durch Jungpflanzen oder auch durch Holzerzeugnisse wie Brennholz oder unbehandeltes Verpackungsholz. Der Japankäfer reiste vermutlich vor rund zehn Jahren als blinder Passagier über den Luftverkehr in die italienische Lombardei ein. „Wir folgen als Pflanzenschutzdienst Hessen den Vorgaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft und der EU“, sagt Dezernatsleiter Hillnhütter.

Regierungspräsident Ullrich begleitet regelmäßig die Umsetzung der vielfältigen Aufgaben, die seine Verwaltung mit 45 Dezernaten und rund 1400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Detail hat. „Durch diese Erhebungen hier schützen wir aktiv wichtige Pflanzen und ihren Lebensraum in ganz Hessen.“ Prioritäre Schädlinge könnten besonders hohe wirtschaftliche, ökologische als auch soziale Folgen haben. „Sollten sie tatsächlich auftreten, haben wir hier ein Frühwarnsystem, und das ist beruhigend zu wissen.“

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Oliver Keßler

Oliver Keßler

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