Beim Regierungspräsidium Gießen ist er mitverantwortlich für die Konzeption, Planung und Durchführung von Auswahlverfahren. Er begleitet unzählige Vorstellungsgespräche. Stress- und Prüfungssituationen kennt der Personalexperte aus seiner täglichen Arbeit. Im Interview spricht er über das Phänomen Prüfungsangst, wie sie sich äußert und gibt Tipps, wie man lernt, mit diesem Druck umzugehen und welche Übungen dabei helfen.
Prüfungen im beruflichen Umfeld stehen immer wieder an. Viele Menschen leiden unter Prüfungsangst. Wie kann sich dies äußern?
Häufig ist es nicht die Angst vor der Prüfung oder dem Test selbst, sondern die Angst vor der Angst. Also die Befürchtung, dass ich aufgrund meiner Angst schlechter in der Prüfung abschneide. Dann sitzt man in der Prüfung, nimmt die eigene Nervosität wahr und das verstärkt wieder die Befürchtung, aufgrund der Angst schlechter abzuschneiden (Angst vor der Angst) – die Nervosität steigt weiter. Die Wahrnehmung der noch stärkeren Nervosität verstärkt wieder die Angst vor der Angst, bis man sich wie total gelähmt fühlt und gar keinen klaren Gedanken mehr fassen kann.
Betrifft diese Test- und Prüfungsangst nur junge Menschen? Welche Erfahrungen haben Sie diesbezüglich?
Ein gewisses Maß an Angst, Stress und Nervosität ist völlig normal. Jeder ist in einer solchen Situation gestresst, manche mehr, manche weniger. Es betrifft daher nicht nur junge Menschen. Diese Angst betrifft vor allem diejenigen stärker, die wenig Erfahrung mit solchen Situationen haben. Teilweise hängt das aber vom Selbstbild und der eigenen Persönlichkeit ab. Bei Prüfungsangst im Gegensatz zur Nervosität spielt vor allem diese Angstspirale (Angst vor der Angst) eine Rolle. Das wichtigste ist: Man kann lernen, weniger gestresst zu sein und man kann lernen mit der Angst umzugehen.
Wie kann man sich am besten auf solche Situationen vorbereiten?
Man kann sich auf solche Situationen vorbereiten, indem man versucht eine möglichst ähnliche Situation zu schaffen. Also eine Prüfungssituation simuliert und beispielsweise Lernpartner eine Probeklausur vorbereiten lässt und versucht die Rahmenbedingungen so ähnlich wie möglich zu gestalten. Dann setzt man sich der Situation so aus, bis man zu dem Punkt kommt, an dem man das Gefühl hat, dass einen die Angst vollkommen überwältigt. Über diesen Punkt muss man hinausgehen. Denn tatsächlich kann die Angst nicht immer weiter steigen, irgendwann kommt man an den Punkt, an dem man sich ‚daran gewöhnt‘ und die Angst wieder etwas abnimmt. Das senkt das Angstgefühl in der echten Situation, gerade wenn man diese Simulation mehrmals wiederholt und mit anderen Strategien kombiniert.
Prüfungen bedeuten für viele Menschen Stress. Wie lernt man mit diesem Druck umzugehen?
Eine Möglichkeit ist die Bewertung der Situation zu verändern, denn man kann tatsächlich lernen die eigenen Gedanken zu beeinflussen. Die stressauslösenden Gedanken, beispielsweise die Befürchtung, dass die eigene Angst die Leistung negativ beeinflusst, kann man umbewerten, indem man Stress als Teil der Prüfungssituation akzeptiert. Man kann sich ins Gedächtnis rufen, dass der Stress einfach der Situation geschuldet ist und nichts daran ändert, dass man sich gut auf die Situation vorbereitet hat. Etwa so: ‚Der Stress ist einfach Teil der Prüfung, gehört dazu. Meine Angst ist nichts weiter, als eine normale körperliche Reaktion auf die Prüfungssituation. In dem Moment kann und will ich nichts daran ändern – und ich muss auch nichts daran ändern.‘ Auch diese Umbewertung kann man einüben, sodass sie noch stärker und schneller wirkt. Die Formulierung passt man so an, dass man sich möglichst gut in der Formulierung wiederfindet. Sie muss ja für einen selbst auch glaubwürdig sein.